GEORG BLUME ZUM BESUCH DES US-FINANZMINISTERS GEITHNER IN INDIEN
: Mit leeren Händen

Der indische Überschuss im Handel mit den USA beträgt 12 Milliarden Dollar, er verblasst vor dem chinesischen Handelsüberschuss von über 230 Milliarden Dollar. So könnten Washington und Neu-Delhi den Maßstab für ein neues Miteinander zwischen Industrie- und Schwellenländern nach der Weltwirtschaftskrise setzen. Doch was verlangt der US-Finanzminister bei seinem Indien-Besuch? Einen besseren Marktzugang für US-Banken. Als habe Indien die Krise nicht gerade deshalb so gut überstanden, weil es diesen Banken den Zutritt zum indischen Finanzmarkt größtenteils versperrte.

Die US-Politik gegenüber Schwellenländern lautet unverändert: Nieder mit den Kapitalkontrollen, Bahn frei für mehr ausländisches Kapital. Doch weder Indien noch China werden sich darauf einlassen.

Wie allein die USA dastehen, zeigt sich beim Währungsstreit mit China. Washington fordert von Peking, seine Währung gegenüber dem Dollar aufzuwerten, um chinesische Waren teurer zu machen und so das Handelsdefizit auszugleichen. Das müsste Indien gefallen, denn dessen Exporte wären dann konkurrenzfähiger. Dennoch hütet sich Indien, die US-Forderungen zu unterstützen. Denn schwerer als das kurzfristige Interesse an Exportsteigerungen wiegt in Neu-Delhi das langfristige Interesse an einer globalen Finanzpolitik, die nicht mehr aus Washington ferngesteuert wird.

Wie bekommt man die großen Privatbanken dazu, Kredite und Sparkonzepte für 800 Millionen arme Landbewohner zu entwickeln? Daran entscheidet sich in Indien wie in China, ob das hohe Wirtschaftswachstum auch ärmeren Bevölkerungsschichten zugutekommt. Westliche Banken geben darauf bislang keine Antwort, sie bemühen sich nicht einmal darum. Auch deshalb stand Geithner in Indien jetzt mit leeren Händen da.

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