calli-affäre
: Die WM-Botschaft

Über jeden Zweifel erhaben – so wünscht sich die nordrhein-westfälische Politik ihren WM-Botschafter Reiner Calmund. Und weil er das nicht mehr ist, seit die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Spielmanipulationen ermittelt, soll er am Besten „weggeräumt“ werden. Wenn er denn nicht von selbst hinschmeißt.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Ganz abgesehen davon, dass die Unschuldsvermutung einigen Landespolitikern offenbar nicht allzu viel bedeutet – die rasche Distanzierung vom einstigen Gute-Laune-Botschafter zeugt vor allem von peinlicher Doppelmoral. Zur Erinnerung: Warum hat die Politik Calmund als ehrenamtlichen Botschafter angeworben? Weil er aus dem Fußball-Milieu kommt. Weil er kein Bürokrat ist, sondern ein rheinischer Schlawiner, der schon als junger Messdiener den Wein aus der Sakristei nicht verschmäht hat. Und weil er über exzellente Kontakte verfügt. Dass er die über Jahre hinweg auch mit dem Geldkoffer in der Hand gepflegt haben soll, hat niemanden gestört – solange das Ganze in Lateinamerika geschehen ist. Erst jetzt, nach Wettskandal, Bestechungsvorwürfen und Ermittlungen wird der Politik angst und bange vor dem Milieu, mit dem man ansonsten nicht nur im WM-Jahr engste Verbundenheit pflegt. Auf einmal sorgt man sich, dass es mit dem Image des „good clean sport“ und der Telekom-Trikot und Sönke Wortmann-Weltmeisterschaft vielleicht doch nichts wird. Was ein Pech aber auch.

Es ist unfair, Reiner Calmund als WM-Botschafter absägen zu wollen, bevor ihm Konkretes nachgewiesen werden kann. Und nur mal angenommen, er hat sich tatsächlich etwas zuschulden kommen lassen: Wäre er dann nicht immer noch ein authentischer Botschafter für ein Fußballland, das sich trotz Hoyzer-Pfiffen in der Bundesliga, zahllosen verschobenen Kreisligapartien und trotz windiger Vereinsvorstände allerorten nicht den Spaß am Spiel verderben lassen will?