Einsamer Prophet von Beust

Hamburgs Bürgermeister wollte Muslime mit Islamunterricht beglücken, wird aber von der eigenen Fraktion ausgebremst. Nun bleibt es bei „Religionsunterricht für alle“

Die Einführung eines gesonderten Islamunterrichts an Hamburgs Schulen, wie ihn Bürgermeister Ole von Beust (CDU) Ende Februar großspurig ankündigte, ist gestern in weite Ferne gerückt. Karen Koop und Wolfgang Beuß, sowohl Unionsabgeordnete als auch Lehrer, stellten „Eckpfeiler“ vor, die sie mit dem Senat zu dem strittigen Thema vereinbart hatten – und die dem Islamunterricht im Weg stehen.

Mit seinem Vorstoß hatte der Regierungschef die Integration von MigrantInnen verbessern wollen, war damit aber in der gesamten Fachwelt bis hin zum Rat der muslimischen Gemeinden (Schura) auf Ablehnung gestoßen. Denn als einziges Bundesland hat das mit 100 verschiedenen Konfessionen gesegnete Hamburg seit den 60er Jahren einen „Religionsunterricht für alle“. Der gilt europaweit als zukunftsweisend, an seiner Konzeption wirken Vertreter verschiedenster religiöser Gruppen mit. Auch die Hamburger CDU, so bekräftigten gestern Koop und Beuß, betrachtet diesen Religionsunterricht als „Standard für alle“. Eltern sollten künftig aber einen gesonderten Islamunterricht beantragen können. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich die muslimischen Gemeinden auf einen „Kanon von Unterrichtsinhalten“ verständigten. Erst dann könne man an der Hamburger Uni eine Islamlehrerausbildung entwickeln. Und auch das werde zehn Jahre dauern.

Doch warum sollten die muslimischen Gemeinden an dieser Verständigung mitarbeiten, wenn sie den bisherigen interkonfessionellen Ansatz ausdrücklich unterstützen? „Es fragt sich doch, warum die Muslime das nicht selber fordern“, erklärte gestern auf einer Pressekonferenz der Hamburger Grüne Ali-Özgür Özdil, der als Direktor des „Islamisch Wissenschaftlichen Bildungsinstituts“ Unterrichtsmaterialien für Schulen erstellt. Das Argument, dass Islamunterricht die Koranschulen zurückdrängten, ziehe nicht: Nur zehn bis zwölf Prozent aller muslimischen Schüler besuchen diese.

Der Religionspädagoge Wolfram Weiße spricht gar von einer Arbeitsteilung von Schulen und Koranschulen, die ähnlich wie der Konfirmandenunterricht ihre Aufgabe hätten. Weiße: „Religiöse Sozialisation, Beten, Singen und Andachten finden nicht in der Schule, sondern in Familien und Gemeinden statt.“

Das Thema wird am Donnerstag die Hamburgische Bürgerschaft beschäftigen, da die Grünen einen Antrag zur Rettung des „Religionsunterrichts für alle“ eingebracht haben. Über das Stöckchen, dem Antrag zuzustimmen, „werden wir nicht springen“, erklärt CDU-Mann Beuß. Wohl aber werde man ihn in die Fachausschüsse überweisen und dort Anhörungen mit Sachverständigen aus anderen Bundesländern abhalten, die nur den konfessionellen Unterricht kennen. KAIJA KUTTER