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Beschwörung eines Geisterflughafens

Seit 2001 fliegt in Cochstedt nichts mehr. Sachsen-Anhalt will das ändern und noch mal in das Millionengrab investieren

COCHSTEDT taz ■ Aus dem Nichts tauchen an einer Nebenstraße ein kleiner Tower und zwei winzige Abfertigungsgebäude auf. Hinter dem Zaun eine Rollbahn, immerhin zweieinhalb Kilometer lang: der Flughafen Cochstedt in Sachsen-Anhalt. Er liegt auf halber Strecke zwischen Magdeburg und dem Harz, wo die wenigen Ortschaften noch wie ein DDR-Museum aussehen. Cochstedt ist ein typisch ostdeutsches Prestigeprojekt der neunziger Jahre – und ein Millionengrab für Fördermittel.

Einige Handwerker flicken das Dach und bauen einen Aufzug ein. Denn Cochstedt soll wieder belebt werden. Die schwarz-gelbe Landesregierung von Sachsen-Anhalt will spätestens in zwei Jahren ganz auf den Weltflughafen Cochstedt setzen. Dem kleinen Regionalflughafen in Magdeburg sollen dann die Zuschüsse gestrichen werden. Diesen Schritt hatte die Landesregierung schon zu Beginn ihrer Amtszeit 2002 beschlossen. Am Ende der Legislaturperiode bekräftigte sie diesen Beschluss noch einmal in einem Schreiben an Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper.

Dabei hat es seit 2001 in Cochstedt bestenfalls vereinzelte Schulungsflüge der Bundeswehr gegeben, für die eine Sondergenehmigung und Tower-Personal extra beschafft werden mussten. Der frühere SPD-Ministerpräsident Reinhard Höppner hielt das Projekt 1994 noch für eine „Spinnerei von ein paar Leuten“. Die Lufthansa, der Verband der internationalen Luftfahrtunternehmen Barig oder die Deutsche Bank sprechen auch heute noch von einer „Schnapsidee“.

Doch ein Augsburger Ingenieur gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises Aschersleben-Staßfurt überzeugte Mitte der Neunziger schließlich auch das Land vom Ausbau des früheren sowjetischen Militärflughafens. Wegen seiner einsamen Lage winkte eine 24-stündige Fluggenehmigung, und ein neu zu errichtendes Gewerbegebiet gehörte zum Vermarktungskonzept.

Dem ersten Spatenstich 1997 folgte ein kaum zu durchschauender Wirrwarr von Grundstücksverkäufen, Fördermittelveruntreuungen, Insolvenzen und Gerichtsprozessen. Handwerker blieben auf ihren Rechnungen sitzen, der Augsburger Ingenieur wurde 2003 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Grundstücksgesellschaft des Landes kaufte das Gelände schließlich für 5 Millionen Euro zurück. Der Traum vom Cargo-Flughafen aber war 2001 mit der Stilllegung ausgeträumt. 45 Millionen Euro Fördergeld von EU, Bund, Land und Landkreis wurden bis dahin verbaut.

Damit sie nicht endgültig dahin seien, versucht das Wirtschaftsministerium nun ein weiteres Mal, zumindest den bescheidenen Magdeburger Flugverkehr nach Cochstedt zu verlagern. Maximal fünf Millionen Euro soll die Ertüchtigung des Flughafens noch kosten. Es gebe „interessante Gespräche“ mit Investoren, sagt Ministeriumssprecher Rainer Lampe. Die kämen aber nur, wenn sich ein privater Betreiber fände. „Für 30 Millionen können sie alles sofort kaufen“, sagt auch ein einsame Wärter auf dem noch einsameren Flughafen.

„Dem aberwitzigen Projekt nicht noch neues Geld hinterherschmeißen!“, fordert indessen die grüne Landesvorsitzende Inés Brock. Auch die Linkspartei stellt die weitere Verwendung von Steuermitteln „für Wochenendfliegerei und Polizeihubschrauber“ in Frage.

Immerhin hat es Cochstedt bis ins mitteldeutsche Luftverkehrskonzept der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschafft, das aber ansonsten ganz auf Leipzig-Halle konzentriert ist. Denn auch dort wird „eine weitere Fragmentierung des mitteldeutschen Luftverkehrs als unsinniger Subventionswettbewerb abgelehnt“.

MICHAEL BARTSCH

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