Es lebe der König

ORAKEL Eine Deutung des TV-Duells zugunsten von Peer Steinbrück

BERLIN taz | Peer Steinbrück hat die Chance auf eine Trendwende im Wahlkampf genutzt. Fast zwei Drittel aller Deutschen sahen ihn als Sieger im TV-Duell gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel, ergab eine ARD-Blitzumfrage nach der Diskussionsrunde. „Merkel ist mit ihrer Strategie des Nichtssagens auf ganzer Linie gescheitert“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.

Das sahen nach Umfragen auch die meisten Zuschauer so. „Entscheidend war, dass Steinbrück Merkels Allgemeinplätze mit konkreten Inhalten kontern konnte, ohne besserwisserisch zu wirken“, sagte Parteienforscher Franz Walter der taz.

Damit schaffte Steinbrück, was ihm zuvor keiner zugetraut hätte: Er machte Merkels Wahlkampf als Hinhaltetaktik erkennbar – unter kräftiger Mithilfe der Kanzlerin. Wer in wenigen Worten erklären kann, warum Merkels Politik die Eurokrise verschärft und nicht entschärft hat, der punktet. Merkels Entgegnung: „Ich glaube, wir waren bisher auf einem richtigen Weg und werden ihn auch in Zukunft fortsetzen“ mag auf Wahlplakaten mit grinsenden Familien wirken. Live im Fernsehen ist ein solcher Satz fatal. Ob das Rennen damit wirklich wieder offen ist, bezweifeln Parteienforscher allerdings. Zu schnell könnte die Wirkung des Duells verpuffen. Zwar hat Steinbrück in einer Infratest-dimap-Umfrage spontan 3 Prozentpunkte auf Merkel aufgeholt – ihr Vorsprung ist trotzdem noch zweistellig. Insofern konnte sich auch Hermann Gröhe gemütlich zurücklehnen: „Steinbrück hat laut gebellt und nichts erreicht“, sagte er. Von einem CDU-Generalsekretär fast schon ein Lob für Steinbrück. INGO ARZT

Weil sich Merkel und Steinbrück nach Redaktionsschluss duellierten, übte sich die taz in der Kunst des Wahrsagens.