Merkel macht Krieg zur Chefsache

MILITÄR Nach dem Verteidigungsminister spricht nun auch die Bundeskanzlerin von Krieg in Afghanistan

Die bisherige Ausbildung ist auf „die neue Qualität der Angriffe“ nicht ausgerichtet

BERLIN dpa/ap | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilt die umgangssprachliche Einstufung der Bundeswehr-Mission in Afghanistan als Kriegseinsatz. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe diese Formulierung „in Rücksprache mit dem Bundeskanzleramt“ gewählt, sagte Merkels Sprecher Christoph Steegmans. Guttenberg hatte nach dem Tod von drei deutschen Soldaten bei einem Gefecht mit Taliban-Kämpfern in Nordafghanistan gesagt, man könne „durchaus umgangssprachlich in Afghanistan von Krieg reden.“ Zuvor lautete die Sprachregelung „kriegsähnliche Zustände“.

Die Kritik an Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr hielt unterdessen unvermindert an. Während der scheidende Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) bereits am Wochenende die Ausbildung deutscher Soldaten mit Militärfahrzeugen kritisiert hatte, sagte sein designierter Nachfolger Hellmut Königshaus (FDP), die bisherige Ausbildung der Bundeswehr sei zudem auf „die neue Qualität der Angriffe durch eine große Zahl von Taliban“ nicht ausgerichtet. Nach seiner Amtsübernahme wolle er gegen die Defizite bei der Bundeswehr vorgehen. Die Mission in Afghanistan zeige wie ein Brennglas, dass der Rollenwechsel der Bundeswehr von der Landesverteidigung zur Interventionsarmee noch längst nicht bewältigt sei.

Schon seit Monaten weisen Soldaten sowie der Wehrbeauftragte Robbe auf Mängel bei den deutschen Truppen in Afghanistan hin. Der ehemalige Kommandeur der Bundeswehr in Nordafghanistan, Jörg Vollmer, hatte bereits im September eine Mängelliste mit 155 Einzelpunkten erstellt. Unter anderem forderte er mehr Kampfhubschrauber, geschützte Fahrzeuge und Truppen in Afghanistan. Robbe hatte in seinem Jahresbericht für 2009 von unerfahrenen Panzerfahrern und Unteroffizieren gesprochen.