Wertschätzung der Wertschöpfung

STUDIE Von Solaranlagen und Windrädern profitieren besonders ländliche Regionen, behauptet Greenpeace. Die Quotenregelung würde das ändern

BERLIN taz | Die erneuerbaren Energien sind ein immer stärkerer Motor für die deutsche Wirtschaft – insbesondere für die Kommunen. Das steht in einer Studie, die Greenpeace beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Auftrag gegeben und am Montag in Berlin vorgestellt hat. Knapp 17 Milliarden Euro Wertschöpfung sei demnach im Jahr 2012 durch die Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse entstanden, 10 Prozent mehr als im Vorjahr. 66 Prozent davon entfallen auf Städte und Gemeinden.

Die Zahl der Beschäftigten in der Branche hingegen sank laut der Studie im gleichen Zeitraum um 10 Prozent auf 166.000 – das liege an der Krise der Solarbranche.

Da Produzenten und Betreiber von Solar- oder Windkraftanlagen oft an unterschiedlichen Orten säßen, verteile sich die Wertschöpfung über ganz Deutschland, erklärte Bernd Hirschl vom IÖW. „Vorteil einer dezentralen Energieerzeugung ist es, dass Beschäftigung und Wertschöpfung in einer Vielzahl von Kommunen stattfinden“, sagte er. „Anders als bei zentralen Großkraftwerken, von denen nur sehr wenige Energieversorger und Standorte profitieren.“

Die Produktion von Anlagen liefert laut der Untersuchung mit 7 Milliarden Euro den größten Anteil an der Wertschöpfung. Doch Wartung und Betreibergewinne zusammen steuerten beinahe genauso viel bei – und das käme meist auch in den Orten an, in denen die Windräder oder Solarpaneele stehen.

„Die erneuerbaren Energien treiben die Wirtschaft in strukturschwachen ländlichen Regionen an“, sagte Andree Böhling, Energieexperte von Greenpeace. „Diesen Motor darf die Bundesregierung mit ihrer Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes nicht fahrlässig abwürgen.“

Die starke Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung ist für Greenpeace der Grund, warum die Energiewende in Deutschland beliebter sei als in anderen Ländern. 81 Prozent der Deutschen glaubten an die Erneuerbaren, so Böhling. „Es ist zentral, dass die Menschen und Kommunen an der Energiewende beteiligt sind“, sagte er. Das würde durch ein vorgeschlagenes Quotensystem (siehe Text oben) torpediert. „Diese Regelung würde uns zurückwerfen zur Monopolwirtschaft von Eon, RWE und Co“, sagte er.

Strom dürfe nicht nur von großen Konzernen aus riesigen Windparks kommen. Dezentrale Anlagen mit Bürgerbeteiligung seien in jeder Hinsicht besser. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) seien solche Modelle möglich – mit der Quotenregel nicht.

Stattdessen solle das EEG an die Bedürfnisse der Verbraucher angepasst werden. Es sei falsch, die Energiewende nur als Kostenfaktor zu sehen, wie die Regierung es derzeit vorlebe. „Der wirtschaftliche Nutzen der Erneuerbaren kommt in der Debatte zu kurz.“ Außerdem fordert Greenpeace, die Industrieförderungen zu reduzieren und erneuerbare Energien geringer zu besteuern. Die niedrigen Preise an den Strombörsen dürften nicht nur an Industrieunternehmen, sondern müssten endlich auch an die Endverbraucher weitergegeben werden. So könnte nach Berechnungen von Greenpeace der Strompreis für Privathaushalte um bis zu 2,4 Cent pro Kilowattstunde sinken.

In der Studie untersuchte das IÖW auch die Zukunft der erneuerbaren Energien. Basierend auf dem Ziel der Bundesregierung, bis 2050 mindestens 80 Prozent der Treibhausgase einzusparen, sei bis 2030 eine jährliche Wertschöpfung von etwa 25 Milliarden Euro zu erwarten. J. STRULLER