Der Schaden ist schon entstanden

Streit um die besetzte Schule

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Fast ein Jahr nach Beginn der Flüchtlingsproteste in Kreuzberg ist die Situation verfahren. Im Camp auf dem Oranienplatz liegen bei vielen Flüchtlingen angesichts fehlender Perspektiven die Nerven blank. Immerhin findet hier noch politische Arbeit statt. Nicht so in der besetzten Schule in der Ohlauer Straße. Verstopfte Klos, zerschlagene Scheiben, ein ständiges Ein und Aus von Flüchtlingen, Obdachlosen und Dealern – so weit hätte es nicht kommen dürfen.

Die Besetzung war von Beginn an hochpolitisch. Der Bezirk hätte den Kontakt zu den Flüchtlingen und ihren Unterstützern halten und dafür sorgen müssen, dass Hygiene- und Sicherheitsstandards gewahrt werden. Jetzt muss der zuständige grüne Stadtrat einräumen, dass er die Situation „nicht mehr wirklich unter Kontrolle“ hat. Er will das Versäumte nachholen. Doch der Schaden ist bereits entstanden.

Henkel gerät unter Druck

Denn die Verwahrlosung der Schule ist eine Steilvorlage für all jene, die nach einer Räumung rufen. Und sie setzt CDU-Innensenator Frank Henkel bei seiner eigenen Klientel unter Druck, nun doch mal durchzugreifen. Eine Räumung aber schafft das Problem nicht aus der Welt. Die Flüchtlinge sind ja da. Sie müssen irgendwo schlafen.

In Kreuzberg muss es jetzt darum gehen, wieder erträgliche Zustände herzustellen. Aber bei aller Kritik am Bezirk – was in Kreuzberg verhandelt wird, geht weit über die Kommunalpolitik hinaus. Wie soll die Verwaltung Papierlosen helfen, die sie eigentlich gleich ins Einreiseland zurückschicken müsste? Die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik stößt hier an ihre Grenzen. Eine Lösung kann es nur auf dieser Ebene geben.