Grüne in Mainz suchen Jobs

Nach dem Wahlschock blicken die Grünen in Rheinland-Pfalz besorgt in die Zukunft

MAINZ taz ■ Damit hatte bei den Grünen in Rheinland-Pfalz keiner gerechnet: dass die Partei tatsächlich aus dem Landtag herausgewählt werden würde. Als dann das vorläufige amtliche Endergebnis der Landtagswahl feststand und die Grünen mit 4,6 Prozent die Fünfprozenthürde definitiv gerissen hatten, brach allenthalben Katzenjammer aus. Die Spitzenkandidatin Ise Thomas heulte in alle Kameras und beklagte den „Beck-Effekt“.

Die aktuellen Wahlanalysen sind eindeutig: Die meisten Stimmen verloren die Grünen an die SPD, einige weitere an die WASG. Die in Auflösung befindliche Landtagsfraktion räumte gestern öffentlich ein, dass „auch Fehler gemacht“ wurden. Im Wahlkampf etwa auf die Gentechnik als „Alleinstellungsmerkmal“ gesetzt zu haben, sei der „schlimmste Fehler“ gewesen. Zudem habe man zu spät gemerkt, dass es für die Partei „eng werden“ und der Wiedereinzug in den Landtag in Frage stehen könnte. Der Parteirat war zudem der Meinung, dass die grünen Themen nicht ordentlich zugespitzt worden seien.

Wie jetzt weiter? Auf einem „großen Ratschlag“ vor dem Landesparteitag im Mai sollen dazu Beschlussvorlagen erarbeitet werden. Im Gespräch mit der taz gab Bernhard Braun – grünes Urgestein aus Ludwigshafen und seit 20 Jahren Landtagsabgeordneter – allerdings schon einmal die Parole für die kommenden fünf mageren Jahre aus. Die kommunale Basis der Partei müsse gestärkt werden. Dann würden die Grünen 2011 „ganz sicher“ in den Landtag zurückkehren.

Eine kühne Prognose. Denn auf der grünen politischen Landkarte von Rheinland-Pfalz gibt es zurzeit viele weiße Flecken. Die Grünen sind auch hier eine eher städtische Partei. Vorzeigbare Ergebnisse gab es etwa in Mainz mit 10,7 Prozent oder auch in Trier mit 9,1 Prozent. Doch schon in Ludwigshafen kamen die Grünen selbst im Stadtwahlkreis nur noch auf 5,8 Prozent. Auch im Wahlkreis Kaiserslautern I übersprang die Partei gerade so die Fünfprozenthürde. In der Region – Kaiserslautern II – mit der US-Luftwaffenbase Ramstein gab es für die friedensbewegten Grünen nur 4,5 Prozent. Und die grünen Aktivisten in den Kreisverbänden dort und auch in der Eifel passen zusammen locker in ein Taxi.

Die Grünen in Rheinland-Pfalz – das war die Landtagsfraktion. Am Montag wurde allen Angestellten der Fraktion gekündigt. Die älteren befürchten, keine neuen Jobs mehr zu bekommen. Seit gestern werden die Zimmer im Landtag ausgeräumt. Tränen fließen. Die Kühlschränke wurden schon in der Wahlnacht leer gegessen und getrunken – aus Frust. Abgeordnete der siegreichen SPD werden jetzt in diese Räume einziehen.

Von den maßlos enttäuschten grünen Mitarbeitern sagen einige hinter vorgehaltener Hand, dass die Partei in den kommenden fünf Jahren ohne Landtagsfraktion „an der Basis wohl ausdünnen und zerbröseln“ werde. Grünen-Urgestein Bernhard Braun glaubt das nicht. Seine Parole lautet: „Wir ziehen das durch!“

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT