Marode Gelddruckmaschine

VOLKSENTSCHEID Ökologische und ökonomische Gründe: Die Stadt sollte das Fernwärmenetz vollständig übernehmen, rät ein neues Gutachten

Die Stadt habe sich einen „nicht auflösbaren Zielkonflikt“ eingehandelt

Die Energiepolitik des Hamburger Senats sei ein Irrweg, glaubt Ben Schlemmermeier. Der Gutachter der Berliner Wirtschaftsberatungsgesellschaft LBD ist der Ansicht, dass Hamburg seine Beteiligung an der gemeinsamen Fernwärme-Gesellschaft mit Vattenfall „deutlich erhöhen muss, um die notwendigen Umstrukturierungen durchzuführen“.

In einer am Freitag vorgestellten 89-seitigen Expertise im Auftrag der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ kommt Schlemmermeier zu dem Schluss: „Ökologisch ist das Hamburger Fernwärmenetz ein Sanierungsfall, ökonomisch eine Gelddruckmaschine.“ Die Stadt habe sich mit ihrer Beteiligung von 25,1 Prozent an der Netzgesellschaft einen „nicht auflösbaren Zielkonflikt“ eingehandelt, sagt Schlemmermeier: „Sie muss das bestehende Unternehmenskonzept fortsetzen und kann den Klimaschutz nicht durchsetzen.“ Er geht davon aus, dass das geplante Gaskraftwerk in Wedel nie gebaut wird: „Es ist nicht wirtschaftlich zu betreiben und nicht die beste technische Lösung.“

Senat und Vattenfall hatten in ihren Ende 2011 geschlossenen Energieverträgen vereinbart, das alte Heizkraftwerk in Wedel durch ein „Innovationskraftwerk“ zu ersetzen. Ende Juli jedoch hatte Vattenfall den Neubau nur noch als „unsere bevorzugte Lösung“ bezeichnet. Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan kommentierte damals, „die Investitionszusagen des Konzerns bestehen nur auf dem Papier“.

Nach der Analyse von Schlemmermeier hat der Senat die Angaben Vattenfalls zum Wert der Netzgesellschaft nie kontrolliert und für ihren 25,1-Prozent-Anteil einfach die geforderten rund 325 Millionen Euro bezahlt, „ohne geprüft zu haben, ob das Unternehmen das überhaupt wert ist“, kritisiert der Gutachter.

Das Fernwärmenetz ist neben den Leitungen für Strom und Gas Gegenstand des Volksentscheids am 22. September. Die Initiative will durchsetzen, dass Hamburg die Netze zu 100 Prozent übernimmt, der Senat will es beim jetzigen Anteil von 25,1 Prozent belassen.  SMV