„Titanic“ in der Ägäis

SCHULDENKRISE Griechenland steckt trotz aller Anstrengungen in einer Abwärtsspirale. Der Druck kommt von Finanzmarktakteuren: Jetzt stufte die Agentur Fitch ihr Rating herab

Die Ratingagentur Fitch fordert, dass sich Athen sofort um IWF-Hilfen bemüht

VON HERMANNUS PFEIFFER

Ratingagenturen und Finanzinvestoren erhöhen den Druck auf Griechenland. Am Freitag stufte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes erneut herab – auf BBB–. Das wird es Griechenland noch weiter erschweren, Geld aufzunehmen. Das Land sei „wie die ‚Titanic‘“, sagte ein Fondsmanager. Denn auch Börsengerüchte und der Fall von Aktienkursen sorgen international für ein Klima, das es dem Mittelmeerstaat immer schwerer macht, seinen Weg aus der Krise zu finden.

Die griechischen Miesen bei Banken im Ausland betragen 302,6 Milliarden US-Dollar, mehr als das jährliche Bruttoinlandsprodukt. Die Risikoprämien für griechische Staatsanleihen kletterten im Vergleich zu Bundesanleihen auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro. Griechenland musste schon vor der erneuten Herabstufung für Neuschulden über 7 Prozent Zinsen zahlen – 4 Prozentpunkte mehr als Deutschland.

Offensichtlich haben einige Finanzmarktakteure Griechenland als Sündenbock für Europa auserkoren. Denn fast alle Länder sind höher verschuldet, als es die Euroverträge eigentlich erlauben. Die Staatsverschuldung Athens ist sogar niedriger als die Italiens, und das aktuelle Finanzloch ist in Spanien oder Irland mindestens ebenso tief wie am Peloponnes. Trotzdem zahlen Irland, Spanien oder Italien weit niedrigere Zinsen.

Ausgelöst haben die jüngste Krise frische Gerüchte. So meldete eine Zeitung ein noch höheres Haushaltsdefizit, eine Studie der Commerzbank warnte vor einer zunehmenden Kapitalflucht in die Schweiz, und eine Website berichtete von angeblichem Widerstand in der Regierung gegen Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) – Mitte März hatte die EU einen Notfallplan beschlossen, der bei drohendem Staatsbankrott neben bilateralen Krediten Hilfen des IWF vorsieht. Fitch hatte Athen empfohlen, sich sofort um Hilfen vom IWF zu bemühen.

Die Ziele der Akteure unterscheiden sich. Hedgefonds spekulieren mit Leerverkäufen gegen den Euro. Andere hoffen auf noch höhere Renditen mit Griechenlandanleihen, denn angesichts weltweiter Dumpingrenditen bringen Zinsen von mehr als 7 Prozent Anleger ins Schwärmen. Wieder andere wollen IWF und Euroländer zum Eingreifen zwingen, um an deren Rettungsprogrammen zu verdienen.

Dabei wäre die Lage auch ohne Gerüchte ernst genug. So verlieren griechische Banken an Vertrauen. Zur Erinnerung: Eine Vertrauenskrise hatte 2008 dazu beigetragen, dass sich die US-Immobilienkrise zu einer globalen Finanzkrise ausweitete. Papandreous Regierung soll den Banken 15 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die Konjunktur mit Krediten anzukurbeln.

Ansonsten verlaufe alles nach Plan, versichert die Regierung. Griechenland drohe keine Insolvenz, beteuert auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet.

Dabei ließ sich die letzte Anleihe Griechenlands nur noch schwer verkaufen. Ein Schuss vor den Bug, denn die 300-Milliarden-Schulden müssen laufend refinanziert werden. Alle paar Wochen muss Griechenland so zweistellige Milliardensummen neu aufnehmen. Durch Druck der Ratingagenturen und Investoren wird dies immer teurer.

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