Leservorwurf

Redaktioneller Offenbarungseid

Als ich die taz am Wochenende aus dem Postkasten geholt habe, dachte ich, mich trifft der Schlag. Welcher martialische Geier hat Sie denn angeflogen, die beiden Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Peer Steinbrück mit Waffen zu bestücken und so auf der Titelseite abzubilden. So sehen Sie das Kandidaten-Duell? Da fällt es einem in der heutigen Zeit aber auch bei allem Wohlwollen schwer, da noch irgendeine Ironie oder sonstige Satire dahinter zu sehen. Der Gipfel dabei ist zudem, dass Sie genau neben dieser Abbildung eine Anzeige platziert haben mit dem Tenor: „Solidarische Nothilfe statt Militärschlag“ (Syrien). Besser geht ein redaktioneller Offenbarungseid kaum. JEAN FRITZ HIMMLER, München

die taz antwortet
Die vertrackten Details des Duells

Duell ist Duell, dachten wir ganz schlicht. Da wird scharf geschossen. Und wir dachten weiterhin ein Minimum an ironischer Originalität wäre gegeben, weil Steinbrück einen Westernheld-artigen Revolver, Merkel hingegen eine Bond-artige Pistole (Miss Moneypenny endlich bewaffnet!) in der Hand hält. Aber stimmt, zu historischen taz-Seite 1-Varianten wird die vom vergangenen Wochenende nicht zählen. Wie fänden Sie Croissants statt Waffen? Da wären wir symbolisch im Duellbild geblieben, aber ohne Gewalt. Nebelkerzen oder Schlaftabletten wären ja wieder ein apolitisches Niedermachen der Demokratie gewesen.

Zu der Anzeigenplatzierung „Spende für Syrien“ daneben in der Randspalte: Anzeigen platziert nicht die taz, sondern in erster Linie die Kundschaft, indem sie einen bestimmten Platz kauft. Wenn es nicht einen unmittelbaren inhaltlichen Bezug gibt (gleiche Firma, gleiche Partei, so dass es wie ein gekaufter Artikel wirken könnte), dann ignorieren wir als Redaktion Anzeigen. Aber natürlich sind die Anzeigen trotzdem Teil der Optik einer solchen Seite. REINER METZGER, CHEFREDAKTION