MITREDEN, OBWOHL ICH KEINE AHNUNG HABE

Die Umweltminister beschließen ein Hochwasserschutzprogramm, in dieser Woche. Zehn schlaue Sätze über die Fluten in Deutschland

„Der Klimawandel ist schuld.“ (Stimmt. Je wärmer eine Luftmasse ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Wenn diese sich bei bestimmten Wetterlagen lange über einer Region abregnet, kommt es zu Überschwemmungen. Irgendwo muss das Wasser ja hin. Den Berg hochfließen kann es nicht.)

„Der Klimawandel ist nicht schuld.“ (Stimmt auch. Heftige Regenfälle hat es schon gegeben, als von menschengemachtem Klimawandel noch keine Rede war. Auch Überschwemmungen kannten unsere Vorfahren zur Genüge.)

„Die Talsperren in den Mittelgebirgen sind zu voll.“ (Kommt drauf an. Ein leerer Stausee könnte bei Starkregen mehr Wasser als eine fast leere Talsperre speichern – aber wo gehen die Touristen dann im Sommer baden?)

„Man muss den Flüssen mehr Raum geben.“ (Das ist so banal wie richtig. Deshalb sagen es auch alle. Aber niemand gibt freiwillig. Wo früher Flussauen waren, sind heute vielfach: Städte, Fabriken, Felder, Wälder, Kuhweiden. Und keiner will der Erste sein, der verzichtet.)

„So viel Platz für die Flüsse, wie nötig wäre, gibt es gar nicht.“ (Auch wahr. Zwei Drittel der ursprünglichen Überschwemmungsflächen der Flüsse sind verloren gegangen; an den großen Strömen sind es abschnittweise 80 bis 90 Prozent. Es ist kaum umsetzbar und auch nicht sinnvoll, alles zu renaturieren. Auch Ökofreunde freuen sich über einen Biergarten am Ufer mit Blick aufs Wasser.)

„Die Deiche müssen verstärkt werden.“ (Hohe Deiche helfen sicher den direkten Anwohnern. Aber für die Anrainer flussabwärts bedeuten sie noch mehr Wasser, wenn die Flut kommt.)

„Wer den Flüssen mehr Raum gibt, hat nichts davon.“ (Von neuen Überflutungsflächen profitieren in erster Linie die Regionen, die weiter stromab liegen. Diejenigen, die die Flächen hergeben, sollten daher großzügig entschädigt werden. Sonst macht es keiner.)

„Der Föderalismus blockiert sinnvolle Gesamtlösungen.“ (Die Bundesländer kämpften bislang vor allem für die eigenen Interessen. In dieser Woche haben sich Bund und Länder im Grundsatz auf einen nationalen Hochwasserschutzplan verständigt, der gemeinsam erarbeitet wird. Das ist sinnvoll – aber der Teufel wird noch in vielen Details stecken.)

„Hochwasserschutz ist teuer.“ (Klar, umsonst sind Deiche und Überflutungsflächen nicht zu haben. Aber die Flutschäden sind auch enorm. Allein das diesjährige Frühsommerhochwasser kostete bislang 6,7 Milliarden Euro.)

„Die nächste Jahrhundertflut kommt bestimmt.“ (Ganz sicher. Nur wann, weiß niemand.)

■ Richard Rother, 43, hat schon einige Hochwasser gesehen. Seine Schwägerin wohnt direkt hinterm Deich an der Elbe