Die Menschen wollen den Aufbruch

betr.: „Das Valium Schwarz-Rot wirkt“, Interview mit dem Politologen Franz Walter, taz vom 27. 3. 06

Ich kann dem Politologen Franz Walter nur widersprechen, wenn er meint, dass die Menschen keine Aufbrüche wollen. Sie würden schon wollen, nur ist ihnen im Laufe der nun schon 23 Jahre währenden neoliberalen Politik und deren Hegemonie in fast allen Medien die Fähigkeit abhanden gekommen, dem noch etwas entgegenzustellen. Es fehlt an öffentlicher kontroverser Debatte. Selbst die taz schreibt immer häufiger ganz selbstverständlich im Kontext des ewigen Wachstums als Allheilmittel, beschreibt Reformen ohne Analyse dessen, was diese angeblich notwendig machen würde. Wo bleibt die Argumentation, dass seit Jahren die so genannte Reformpolitik mit immer denselben Argumenten Gesetze verabschiedet hat, die in ihrer Konsequenz das Gegenteil der behaupteten Ziele schaffte und dabei Reichtum von unten nach oben verteilt wurde?

Die WASG und PDS scheinen kaum eine Alternative, wenngleich sie in Sachsen-Anhalt ihre Stimmen als einzige Partei einigermaßen halten konnte. Dies könnte daran liegen, dass sie es sich durch das Gezerre um ein Zusammengehen der beiden Parteien schwerer machen, aber vor allem, weil sie kaum Neues zu bieten haben. Das Schlimme ist, dass die große Koalition sich selbstgefällig die Legitimation aus diesen Wahlergebnissen auf Landesebene für eine „Berliner“ Politik nehmen wird, jetzt erst richtig durchzuziehen.

TINO KRETSCHMANN