VOR DEM SUPERMARKT
: Der Kampfmops

Ein Mann mit der Grazie eines durchgesessenen Ledersofas

Ein kleiner Hund steht vor dem Ausgang vom Aldi in der Esplanade und drückt seine Nase gegen die automatische Glastür. Es ist so einer, der vor einer Katze weglaufen würde und sich mit einem Meerschwein paaren könnte. „Kampfmops“ steht auf dem Halfter. Stimmt aber nicht. Er ist so klein, dass ihn die Lichtschranke glatt ignoriert. Vielleicht sitzt er auch nur zu dicht dran. Jedes Mal, wenn die Tür sich öffnet, weicht das Tier einen winzigen Schritt zurück und hebt die rechte Vorderpfote. Ein wohlerzogener Kampfmops. Niemals setzt er eine seiner Minipfoten über die schwarze Linie, die den Ausgang des Supermarktes markiert.

Ich verstaue meine Einkäufe im Fahrradkorb. Ja, ich besitze einen Fahrradkorb! Bin ja nicht mehr zwanzig und muss auch nicht auf meine Streetcredibility achten. Ich habe eine patentwürdige Packtechnik, dank derer ich den zur Verfügung stehenden Packraum derart effizient zu nutzen verstehe, dass der Inhalt eines ganzen Einkaufswagens in meinen Fahrradkorb passt. Und der ist gerade mal ein Zehntel so groß. Schätzungsweise. Nur Tomaten sind schwierig. Oder Basilikum.

Ich stehe nachdenklich mit dem Kräutertopf vor dem mannshohen Berg auf meinem Gepäckträger, als das Tier zu quietschen beginnt. Es klingt ein bisschen wie Kammblasen, soll aber wohl Bellen sein. „Hasso, is gut jetze!“, sagt eine herrische Stimme. Ein Mann mit der Grazie eines durchgesessenen Ledersofas schleppt vier Sixpacks Maternus-Bier zum Fahrradständer, stellt sie vor einer Rostlaube von Zweirad auf den Boden, geht zu dem Hund, nimmt ihm die Leine ab, schnürt die Sixpacks mit der Hundeleine zu einem handlichen Paket zusammen, klemmt das auf den Gepäckträger, sichert es mit dem Ende der Leine am Sattel, klemmt sich den Hund unter die Achsel, grinst mich an und radelt von dannen.

LEA STREISAND