DIE IDIOTEN DIESER WELT
: Er wollte lustig sein

Seine Worte klangen kalt und distanziert. Ich zahlte und ging

Kurz vor der vereinbarten Verabredung rief mein Freund Luis an und fragte mich, ob es in Ordnung sei, einen Arbeitskollegen mitzubringen. Eigentlich hatte ich mich auf einen entspannten Abend mit Luis im Prater-Biergarten gefreut – aber gut, warum nicht, dachte ich und sagte zu Luis am Telefon, dass ich nichts dagegen hätte.

Es gibt Menschen, die einem von Anfang an unsympathisch sind, und Peter, der Arbeitskollege von Luis, war genau solch ein Mensch. 38, klein gewachsen, Doktor der Soziologie, Brille, lange verstrubbelte Haare, Che-Guevara-Gedächtnis-Bart, war vor vier Wochen zum ersten Mal Vater geworden. Seine neue Rolle beschrieb er wie folgt: „Dann kam das Baby und war grün angelaufen und irgendwie hässlich. Die ersten zwei Stunden konnte ich es nicht auf den Arm nehmen. Babys sind blöd, alles was sie können, ist pupsen. Na ja, jetzt bin ich auch einer dieser komischen Väter, die mit dem Kinderwagen durch den Prenzlauer Berg laufen.“

Peter versuchte hinter einer Art von pseudocoolem Zynismus seine Gefühle und Ängste zu verbergen. Seine Worte klangen kalt und distanziert. Luis bemerkte meine Abneigung und versuchte das Thema zu wechseln. Er fragte mich, wie es im Kosovo und in Serbien war. Aber ich kam kaum dazu, von meiner Pressereise zu erzählen – denn Peter wusste alles besser. Die Serben seien, erläuterte er, zu Unrecht von der Nato bombardiert worden. Im Kosovo hätte es keine Vernichtungslager und in Bosnien keine Massenvergewaltigungen gegeben. Und überhaupt müsse man – jetzt wollte er lustig sein – die Serben verstehen. Denn die Küsten in Kroatien seien so schön, für die habe es sich doch gelohnt zu kämpfen.

Ich fand Peter überhaupt nicht lustig, wollte noch etwas erwidern, dachte dann aber, dass man die Idioten dieser Welt Idioten sein lassen sollte. Ich zahlte und ging. ALEM GRABOVAC