Unendliche Gier der Reichen

DOKU „Zeitbombe Steuerflucht“ stellt das Finanzwesen an den Pranger (20.15 Uhr, Arte)

Die Louis-de-Funès-Komödie „Die dummen Streiche der Reichen“ gehört zu den Filmperlen, die in den 1980er Jahren über die Bildschirme flimmerte. Heute ist das Stück aus den Programmen verschwunden – wegen ausgelaufener Lizenzrechte. Gerne würde man einmal den Schweizer Soziologen und Politiker Jean Ziegler dazu befragen – vielleicht würde er die Lobbyarbeit der Reichen als Ursache ausmachen.

Die Arte-Doku „Zeitbombe Steuerflucht – Wann kippt das System?“ hätte auch gut „Die dummen Streiche der Reichen“ heißen können. Denn um deren Tricksereien geht es. Ziegler, einer der Kronzeugen, beklagt „die Komplizenschaft der Schweizer Regierung mit der Bankoligarchie“: „Diese Regierung ist ein Satellit der großen Banken!“

Und Reporter Xavier Harel ist nicht nur De-Funès-Fan, aus dessen Film er gerne zitiert, er erweist sich auch als Jünger Michael Moores. Harel reist nach Genf und Delaware, zu den Offshoreparadiesen und in die Steueroasen dieser Welt. Um sich vor Ort empören zu können: „Noch nie waren die Reichen so reich! Und noch nie haben sie so wenig Steuern bezahlt!“

Kein Geringerer als Barack Obama leistet rhetorische Hilfestellung, wenn er über ein Gebäude auf den Kaimaninseln ätzt: „Mehr als 12.000 Unternehmen behaupten, dort ihren Sitz zu haben. Entweder ist es das größte Gebäude oder der größte Steuerbetrug der Welt.“ Harel jettet also auf die Kaimaninseln und spricht Leute an: „Ich suche das größte Gebäude der Welt.“

Hätte Harel nur etwas weniger Energie darauf verwendet, die französische Lightversion eines methodisch auch schon abgenutzten Originals zu geben – es hätte ein spannender Beitrag zu einem relevanten Thema werden können. So sind die 90 Minuten über das Prinzip Steuerflucht informativ – und etwas anstrengend. JENS MÜLLER