Bürger retten Bausenator

Rhododendronpark bleibt vorerst doch gratis: Bürger und Unternehmen spenden 260.000 Euro. Für die Behörde ist das „ein Test“, ob man auch ohne Zwang Geld eintreiben kann. Botanica-Defizit bleibt

„Bürgerschaftliches Engagement, wie es sich jede Kommune wünscht.“

von Armin Simon

Auf ungewohnte Fragen müssen sich BesucherInnen des Rhododendronparks ab heute einstellen. „Möchten auch Sie den Park mit einer Spende unterstützen?“, wird es ihnen aus den Kassenhäuschen entgegenflöten. Und beim Gang durch das Drehkreuz der Klingelbeutel klimpern: Einwurf freiwillig, Eintritt frei.

Um den Gratis-Einlass in den öffentlichen Park tobt seit Monaten ein erbitterter Streit. Anwohner, Vereine und Kirchengemeinden wetterten gegen die in ihren Augen unsoziale Gebührenpflicht, unterstützt von einem stadtteilweiten, parteiübergreifenden Bündnis von links bis schwarz. Die für heute Nachmittag angesetzte Demonstration, so Mitorganisator Michael Koppel von den Horn-Leher Grünen, werde nun eher ein „Freudenfest“ werden. Denn gestern, buchstäblich in letzter Minute, rief Umweltsenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU), einen Waffenstillstand aus. „Völlig überraschend“ sei es gelungen, bei Privatpersonen und Unternehmen Spenden in Höhe von insgesamt 260.000 Euro einzuwerben – genug, um die Kürzungen im Grünpflege-Etat auszugleichen. Der geplante Eintritt, der während der Blütezeit bis Ende Juni erhoben werden sollte, werde daher für dieses Jahr „ausgesetzt“. Die Summe stammt je zur Hälfte von Privatpersonen und Unternehmen, die nach Neumeyers Angaben anonym bleiben wollten. Der bisherige Arbeitgeber des Senators, die wegen angeblich überhöhter Gaspreise unter Beschuss geratene swb, ließ allerdings durchblicken, einen „nennenswerten Betrag“ beigesteuert zu haben. Neumeyer zufrieden: „Das ist bürgerschaftliches Engagement, wie es sich jede Kommune wünscht.“

Ob der Eintritt auch im nächsten Jahr kostenfrei bleibt, liegt nach Aussage Neumeyers in den Händen von BürgerInnen und Unternehmen. Kämen weitere 260.000 Euro zusammen, werde man auch im nächsten Jahr auf den Eintritt verzichten, versprach Neumeyer. Er will im Herbst Bilanz ziehen. In jedem Fall werde das Geld aber zweckgebunden für den Rhododendronpark verwendet.

Behördenintern gilt das Verfahren als „ein Test“, ob sich auch auf freiwilliger Basis zusätzliche Haushaltseinnahmen erzielen lassen. „Wenn es uns gelingt, über privates Engagement genau das zu erreichen, was wir über Pflichtbeiträge erreichen, dann umso besser“, sagte Neumeyer. Die grüne Umweltpolitikerin Karin Mathes, explizite Gegnerin eines Parkeintritts, pflichtete ihm bei: „Die Politik muss dahin agieren, möglichst viel Kapital durch bürgerschaftliches Engagement einzusammeln.“ Mittelfristig müsse die Parkpflege zu Teilen von einer Stiftung übernommen werden.

Bislang hatte das Umweltressort stets argumentiert, dass mit dem Eintritt vor allem Touristen, die den Park in der Blütezeit besuchen, abkassiert würden. Neumeyer revidierte diese Aussage gestern. Die meisten Bustouristen würden nicht nur den Park selbst, sondern auch das darin angesiedelte Pflanzen-Science-Center „botanica“ besuchen und also sowieso Eintritt zahlen.

Neben den Grünpflegekosten wollte die Stadt mit den Einnahmen aus dem Parkeintritt ursprünglich auch das jährliche 900.000-Euro-Defizit der „botanica“ um rund 200.000 Euro drücken. Dieser Vorschlag, so er denn überhaupt realistisch war, ist seit gestern vom Tisch. Offen ist auch, ob im nächsten Jahr weitere 140.000 Euro bei der aufwändigen Pflege des Parks gespart werden können, um dem weiter sinkenden Grünpflege-Etat Rechnung zu tragen.

Der 70 Meter lange Zaun, den das Ressort für 30.000 Euro errichtet hat, um die letzte, nicht von Wassergräben geschützteFlanke des Parks gegen nicht zahlende Eindringlinge zu sichern, sollen in jedem Fall stehen bleiben. Schließlich sind die 260.000 Euro fürs nächste Jahr noch lange nicht beisammen.