Einer nach dem anderen

MORD Auf dem Krimifest Hannover gibt es erstmals auch eine kleine Filmreihe. Mit dabei: Eine seltsam falsch angekündigte Agatha-Christie-Adaption

Die Veranstalter wollen offensichtlich provozieren

Die Veranstalter des Krimifests Hannover geben sich viel Mühe, die fast 50 Autoren ihre Texte an möglichst ungewöhnlichen Veranstaltungsorten vortragen zu lassen: Cornelia Kuhnert beispielsweise liest aus dem Buch „Heide, Harz und Hackebeil“ in einem Schlachthof. Obwohl viele Krimifreunde die Mordgeschichten eher ansehen als lesen, ist das Krimifest noch eine überwiegend literarische Veranstaltung. Aber ein erster Schritt in Richtung visuelle Medien wird in diesem Jahr getan: Neben den Lesungen wird auch eine kleine Filmreihe veranstaltet. Die Auswahl ist nicht gerade ambitioniert, bietet aber solide Unterhaltung.

So wird im Kino am Raschplatz mit Wolfgang Murnbergers „Komm, süßer Tod“ die erste der inzwischen drei Adaptionen von Romanen von Wolf Haas gezeigt. Der Exkriminalbeamte Brenner kommt hier zwischen die Fronten eines Bandenkrieges, wobei die konkurrierenden kriminellen Vereinigungen zwei Rettungsdienste in Wien sind, die sich gegenseitig Einsätze für ihrer Rettungswagen abjagen. Das hat Murnberger kongenial, also sehr böse, sehr komisch und sehr wienerisch inszeniert.

Auch der zweite Film basiert auf einem erfolgreichen Roman. Unter den Skandinavienkrimis zeichnen sich jene des Norwegers Jo Nesbo durch ihre bizarre Grausamkeit aus. Doch der Regisseur Morten Tyldum beginnt seinen Film „Headhunters“ mit einem ganz anderen Ton.

Eine ganz Weile lang scheint der Protagonist Roger eher einer jener kultivierten amoralischen Helden zu sein, über die Patricia Highsmith so gerne schrieb. Es reicht ihm nicht, in seinem Beruf Firmen zu vernichten, er ist auch noch ein Kunstdieb. Aber dann will er einen Gauner betrügen und dieser malträtiert ihn für den Rest des Films so effektiv, dass man Roger zwar zuerst den Leidensweg gönnt, dann aber mehr und mehr sein Talent als Überlebenskünstler respektiert. „Headhunters“ entpuppt sich als eine der besten Komödien des letzten Jahres.

Beim dritten Film der Reihe scheint es so, als würden sich die Veranstalter darum bemühen, politisch unkorrekt zu sein. Hier handelt es sich zwar um eine Adaption von Agatha Christies „Zehn kleine Negerlein“, der als der meistverkaufte Kriminalroman aller Zeiten gilt, aber die Ankündigung mit diesem Titel ist nicht nur provokant, sondern auch irreführend. Denn René Clairs Film aus dem Jahr 1944 hatte schon immer den Titel „Das letzte Wochenende“.

Inzwischen wurde auch für das Buch der Alternativ-Titel „Und dann gab es keines mehr“ gewählt, der den Bezug zum alten Kinderlied bestehen lässt, denn dieses bringt ein dramatisches Prinzip des Thrillergenres auf den Punkt. Wie im Lied von Strophe zu Strophe kommt in diesen Geschichten von Kapitel zu Kapitel einer der Handlungsträger um. Bei Agatha Christie bekommen zehn Personen eine Einladung für ein Wochenende auf einer luxuriösen Insel, die im Original auch noch „Nigger Island“ hieß. Einer nach dem anderen wird ermordet und bei der Auflösung schummelt Frau Christie, so dass selbst Miss Marple bei der Lektüre nicht hätte kombinieren können, wer der Mörder war. René Clair hat das werkgetreu und mit klassischer Eleganz inszeniert.  HIP

„Komm, süßer Tod“: 18. 9., 20.30 Uhr, Raschplatz „Das letzte Wochenende“: 22. 9., 18 Uhr, Apollo „Headhunters“: 25. 9., 20.15 Uhr, Apollo