betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Diese Woche sollte man schon wieder das Ballhaus Ost konsultieren. Nach Christian Weises letztwöchiger Defa-Adaption „Berlin – Ecke Schönhauser“ kommt dort in dieser Woche nämlich eine neue Produktion der Schaumstoff-Puppenvirtuosen „Das Helmi“ heraus. „Wenn die Nacht kommt“ ist sie überschrieben. Von und mit Anke Engelke kann man außerdem lesen. Natürlich sind die üblichen Helmi-Verdächtigen auch dabei: also unter anderem Cora Frost, Okka Hunger-Bühler und natürlich Florian, Felix und Niklas Loyke. Sie alle haben sich zu einer „Fabrik des Fortschritts“ zusammengeschlossen. Worum es da im Einzelnen geht? „Labor. Fabrik. Session. Alles fließt oder auch nix“, steht vielsagend in der Ankündigung. Aber wir wollen nicht kleinlich sein. Sinn ist sowieso längst out. Wer danach ausgerechnet in Vorankündigungen sucht, dem ist eh nicht zu helfen. Es heißt also: unerschrocken sich selbst ins Ballhaus Ost zu wagen. (Ballhaus Ost: „Wenn die Nacht kommt“, 18. 9., 20 Uhr)

In Berlins anderem berühmten Ballhaus in der Naunynstraße wird gerade ein Heimatfest der schwarzen Perspektiven „Black Lux“ gefeiert. In dieser Woche steht unter anderem ein Tanz-Doppelabend auf dem Programm: „Repitologica / Who shot first?“ von Victor D’Olive und Ricardo de Paula. In „Who shot first?“ geht es um die Erschießung des 17-jährigen Schülers Trayvon Martin durch einen Wachmann, für den die Hautfarbe des Schülers ausreichte, eine Bedrohungs- und Notwehrsituation zu konstruieren. Der Vorfall löste in den USA wieder einmal eine landesweite Rassismusdebatte aus – trotzdem wurde der Todesschütze kürzlich freigesprochen. Der brasilianische Tänzer und Choreograf Ricardo de Paula hat das Stück 2012 unmittelbar als Reaktion auf den Tod des Schülers als Stipendiat der Berliner Kulturverwaltung entwickelt und zeigt es nun noch einmal. (Ballhaus Naunynstraße: „Repitogica / Who shot first“, 12.–14. 9., 20 Uhr)

In der Box des Deutschen Theaters bringt die junge Regisseurin Brit Bartkowiak am Donnerstag ein Stück von Juli Zeh und Charlotte Roos, „Yellow Line“, heraus, das man vielleicht am ehesten als szenischen Reigen über die merkwürdige Leidenschaftslosigkeit der spätkapitalistischen Gesellschaft beschreiben kann. Einer Gesellschaft mithin, die keinerlei Vision mehr für sich selber hat, weswegen ihre Mitglieder sich ständig über Visionen anderer ereifern, mit ihnen mitfiebern wollen. Das tun sie auch dann, wenn sie gar nicht so genau kapieren, worum es überhaupt geht. Im Arabischen Frühling zum Beispiel. (Box des Deutschen Theaters: „Yellow Line“, ab 12. 9., 20 Uhr)