Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Heute erscheint „Bambi“ vor allem als ein unreflektiertes Synonym für Kitsch, das sich in erster Linie an der leicht melodramatischen Geschichte des Disney-Trickfilms aus dem Jahr 1942 festmacht: Das Hirschkalb Bambi muss nach dem von Jägern verursachten Tod der Mutter allein im Wald zurechtkommen. Tatsächlich ist der Film jedoch weder kitschig noch zielt er auf ein kindliches Publikum ab: Die Idee von „Bambi“ ist die Darstellung eines Jahres- und Lebenszyklus im Wald, der mit all seinen leuchtenden Farben sowie den detaillierten Licht- und Schattenspielen ein in der zeichnerischen Qualität unübertroffenes Kunstwerk darstellt, damals natürlich noch komplett in jahrelanger Handarbeit gefertigt. Im Übrigen sorgt der Film bis heute für Verwirrung in der Unterscheidung zwischen Hirschen und Rehen: War Bambi in der literarischen Vorlage des österreichisch-ungarischen Schriftstellers Felix Salten ein Reh, so hatten Disneys Zeichner aus dem Tier einen Hirsch gemacht – denn in Nordamerika gibt es eben keine Rehe. (15. 9., Bundesplatz-Kino)

Sexualität und Horror sind im Kino seit jeher aufs Engste miteinander verbunden. Allerdings hat mit den Jahren ein gewisser Paradigmenwechsel eingesetzt: Die scheu erbebenden Jungfrauen, die seit den 1920er-Jahren so gern von Monstern und irren Mördern gejagt wurden, ersetzte das Kino der 1970er-Jahre dann doch lieber durch promiskuitive Teenager. Brian De Palmas Thriller „Carrie“ (1976) steckt mittendrin in dieser Entwicklung: Die von einer fanatisch religiösen Mutter unterdrückte Carrie (Sissy Spacek) ließe sich vielleicht noch als Parallele zu den erbebenden Jungfrauen sehen – doch sie ist hier gar nicht das Opfer, sondern das Monster: Dank ihrer telekinetischen Fähigkeiten rächt sie sich furchtbar an den sie hänselnden Klassenkameraden, die genau jene sorglosen, sich mit Sex und Alkohol amüsierenden Deppen sind, die bis heute das Futter für den Body Count des Horrorfilms abgeben. Eigentlich jedoch sind die leisen Momente die schönsten: Etwa, wenn die verwirrte Carrie sich ihre merkwürdigen Fähigkeiten zu erklären sucht, indem sie im Lexikon unter „M“ wie „miracle“ („Wunder“) nachschlägt. (OF, 13. 9. Eiszeit 1)

Eine fällige Würdigung: Die Dokumentation „Autoluminescent“ verfolgt Leben und Karriere des 2009 an Leberkrebs verstorbenen großen Gitarristen Rowland S. Howard, dessen Einfluss durch sein schroffes Wirken in Bands wie „The Birthday Party“, „Crime and the City Solution“ und „These Immortal Souls“ kaum zu überschätzen ist. Zu sehen ist sie beim australischen Film-Festival „Down Under“ im Moviemento. (13. 9., Moviemento 1)