Arabellion, aus der Ferne

ILB7 „Writing Revolution“ verhandelt Fragen des literarischen Abstands

Im Haus der Heinrich-Böll-Stiftung wurde beim Internationalen Literaturfestival ein neuer Band mit Erzählungen über die arabischen Revolutionen vorgestellt. „Writing Revolution“ verhandelt, wie viel Zeit vergehen muss, bis gute Literatur entstehen kann. Es war bezeichnend, dass auf dem Podium nur zwei der Autoren vertreten waren, die nicht wirklich aus dem Auge des Sturms berichten konnten. Die jungen Autoren Safa Al Ahmad aus Saudi Arabien und Mohamed Mesrati aus Libyen erlebten die Revolution nicht von innen. Al Ahmad beschreibt sie aus der Außenperspektive, da in ihrem Heimatland die Proteste nach wenigen Wochen durch ein Demonstrationsverbot unterbunden wurden. Mesrati hat als Teenager Libyen verlassen und verfolgte in London die Geschehnisse über die Medien – daher handelt seine Geschichte vom Erinnern. Sie beginnt mit Beschreibungen des autoritären Erziehungsstils, den er als Kind erdulden musste. Alles, was daraus resultierte – die Verweigerung, die Schwierigkeit des Ausbruchs: Das braucht Mesrati nicht einmal mehr anzureißen. Oder Khawla Dunia aus Syrien: Ihr Stück ist weniger eine Geschichte denn ein Tagebuch in Fragmenten, das mal sehr anschaulich direkt von der Straße berichtet, mal trockene Überlegungen über die Hintergründe des Bürgerkriegs anstellt. Es ist, als ob man an den Ereignissen teilhaben darf. Eine Stelle in der Einführung des Bandes von Samar Yazbek aus Syrien gibt es, die das Besondere des Schreibens über diese Revolutionen auf den Punkt bringt. Die neue, unmittelbare Art der Autorschaft im Internet wurde plötzlich Teil der Revolution, Teil der Forderung nach mehr Demokratie. Yazbek meint: Vielleicht trägt es sogar zum Ende der klassischen Konzeption des Autors bei.

SUSANNE MESSMER