Kongos Opposition boykottiert die Wahlen

Wahlkommission schließt Kandidatenlisten. Partei des Oppositionellen Tshisekedi tritt nicht an und will Vermittlung

BERLIN/BRÜSSEL taz ■ Während Deutschland eine Bundeswehrentsendung im EU-Rahmen in die Demokratische Republik Kongo zur Absicherung der Wahlen diskutiert, ist der Kongo dabei, diese Wahlen in den Sand zu setzen. Am Sonntag läuft die bereits einmal verlängerte Frist für die Kandidatenaufstellung ab, ohne dass die wichtigste Oppositionspartei des Landes sich beteiligt hat. Die Wahlkommission lehnt eine weitere Verlängerung ab – die Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) wird unter diesen Umständen nicht an den Wahlen teilnehmen. Die UDPS unter Kongos historischem Oppositionsführer Etienne Tshisekedi gilt als einziger ernst zu nehmender Herausforderer Präsident Joseph Kabilas auf nationaler Ebene.

„Eine Verlängerung ist nicht mehr denkbar oder gerechtfertigt“, heißt es in einer Erklärung der Wahlkommission, die am Donnerstagabend eine positive Bilanz der am 10. März begonnenen Registrierung zog. 48 Präsidentschaftskandidaten und 3.043 Parlamentskandidaten hätten sich angemeldet, und „in jedem Wahlkreis ist die Anzahl der Kandidaten höher als die Anzahl der Sitze“. Damit könne man die Listen schließen.

„Wir nehmen an den Wahlen nicht teil“, bekräftigt demgegenüber UDPS-Sprecher Valentin Mubake gegenüber der taz. Die Partei fordert seit Monaten eine neue Phase der Wählerregistrierung – letztes Jahr hatte die UDPS die Wählerregistrierung boykottiert. Viele ihrer Anhänger, vor allem in ihrer Hochburg Ostkasai, stehen daher nicht auf den Wählerlisten und sind nicht stimmberechtigt.

Wahlkommissionschef Apollinaire Malu-Malu bekräftigte sein Nein dazu diese Woche in Brüssel. „Kein Wähler kann behaupten, man habe ihn von der Registrierung ausgeschlossen“, sagte er zur taz. „Wenn er sich selbst ausgeschlossen hat, trägt er die Verantwortung. Wir werden niemals akzeptieren, unter Zwang die Wählerlisten zu verändern.“

„Man kann nicht ernsthaft glaubwürdige Wahlen organisieren, ohne die größte Partei des Landes zu beteiligen“, erklärt dagegen UDPS-Sprecher Mubake. Falls die Wahlen erst nach dem 30. Juni stattfinden, also nach dem in Kongos Friedensverträgen vereinbarten Ablauf der Amtszeit der gegenwärtigen Allparteienregierung, warnt er: „Es wird keinen Wahlprozess geben. Wir brauchen einen neuen politischen Dialog.“ Er bemängelt auch, dass im Wahlkampf Kongos zivile Opposition gegenüber den Warlords mit ihren Privatarmeen schutzlos ist.

Die UDPS setzt ihre Hoffnungen in die UNO, deren Generalsekretär Kofi Annan vergangene Woche in Kinshasa mit Tshisekedi zusammentraf, und die Afrikanische Union (AU), die den UDPS-Führer zu Gesprächen eingeladen hat – AU-Präsident ist derzeit Denis Sassou-Nguesso, Präsident des Nachbarlandes Kongo-Brazzaville. Die EU solle sich daran beteiligen, fordert der UDPS-Sprecher: „Wenn die EU Unruhen nach den Wahlen verhindern will, warum bemüht sie sich nicht vor den Wahlen, dass der Wahlprozess glaubwürdig wird?“ DOMINIC JOHNSON
FRANÇOIS MISSER