Kuntz darf alles

Stefan Kuntz kehrt zum VfL Bochum zurück. Der ehemalige Spieler versucht sich nun erstmals als Manager

Von der Erstligatauglichkeit seines Vereins konnte sich der neue Sportdirektor Stefan Kuntz schon am Freitag überzeugen. Beim 3:1-Erfolg des VfL Bochum in Paderborn saß der ehemalige Profi auf der Tribüne. Heute wird Kuntz seinen Dienst beim wahrscheinlichen Aufsteiger antreten. Der Job sei „eine Herzensangelegenheit“, so Kuntz. Dass es für ihn der erste Posten als Manager im Profifußball ist, scheint in Bochum niemanden zu stören. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Verein in der Vergangenheit auch gut ohne sportlichen Leiter auskam. Das ausgeschiedene Vorstandsmitglied Dieter Meinhold übte den Posten bis zum Freitag nebenher aus.

„Vorschusslorbeeren bei den Fans bringen mir nichts. Ich muss mit Leistung überzeugen“, sagte Kuntz über seinen neuen Job. Die positive Resonanz in und um Bochum ist eine Folge der ersten Profijahre des gelernten Polizisten. 1983 kam Kuntz von Borussia Neunkirchen zum VfL Bochum. In den folgenden drei Spielzeiten erzielte er 41 Tore für den VfL. Meist an der Seite von Klaus Fischer, immer unter dem Trainer Rolf Schafstall. In der Saison 1985/86 wurde er mit 22 Treffern Torschützenkönig. Am Ende der Spielzeit wechselte Kuntz wegen der „besseren Perspektive“ zum damaligen Bundesligisten Bayer 05 Uerdingen – aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, dennoch symptomatisch: Mit Hans Wallitza, Jochen Abel, Heinz-Werner Eggeling oder Christian Schreier musste der Verein schon in den Jahren zuvor seine erfolgreichsten Angreifer gehen lassen, um die Lizenz zu sichern.

Kuntz kam später zurück: zum Abstieg in der Saison 1998/99. Sechs Tore in nur 20 Spielen. Eine Virusinfektion setzten das Immunsystem für Monate außer Kraft. „Eigentlich darf man so nicht aufhören“, sagte Kuntz damals. Dennoch war nach 449 Spielen, 179 Toren und nur einer Roten Karte Schluss mit dem aktiven Fußball. Als Trainer konnte Kuntz weder beim Karlsruher SC, bei Waldhof Mannheim noch beim LR Ahlen überzeugen. Sein erfolgreicheres Engagement als sportlicher Leiter des Regionalligisten TuS Koblenz ließ die Bochumer Verantwortlichen, vor allem Aufsichtratschef Werner Altegoer, nicht lange zögern. Altegoer gilt seit langem als Kuntz-Kenner.

Die größeren Erfolge feierte Stefan Kuntz außerhalb Bochums. 1991 wurde er mit dem 1. FC Kaiserslautern deutscher Meister, 1996 war er maßgeblich am Gewinn der Eurpoameisterschaft in England beteiligt. Im Halbfinale gegen den Gastgeber erzielte er den Ausgleich, im darauffolgenden Elfmeterschießen war er ebenfalls erfolgreich. Die britische Band Lightning Seeds und die Komiker Baddiel and Skinner setzten Kuntz 1998 in der Neuflage des EM-Songs „Three Lions“ ein bittersüßes Denkmal. Das Video zeigt ein Match zwischen englischen und deutschen Fußballfans. Die „Krauts“, natürlich mit Schnäuzer und Dauerwelle, tragen allesamt Trikots mit der Nummer Elf und dem Namen „Kuntz“ auf ihrem Rücken. Es muss nicht das letzte Video gewesen sein.

HOLGER PAULER