Die Schnecke Borussia

Im direkten Duell der Uefa-Cup Verweigerer erreicht Borussia Dortmund eine 1:2-Niederlage bei den Namensvettern aus Mönchengladbach. Am Niederrhein drohen Extraschichten am Donnerstgabend

„Es besteht eine Diskrepanz zwischen verbaler Ankündigung und Umsetzung“, sagt Dortmunds Präsdent Reinhard Rauball

AUS MÖNCHENGLADBACHMARCUS BARK

Die Zeit der Endspiele ist wieder gekommen. Inflationär wird dieses Wort derzeit gebraucht, wenn es um das „Rennen der Super- Schnecken um den verflixten Platz fünf“ geht, wie es die Süddeutsche Zeitung nannte. Zwei dieser Super-Schnecken heißen mit Vornamen Borussia und stellten sich am Samstag dem direkten Vergleich. Von einem Endspiel zu sprechen, war schon vorher daneben, denn das suggeriert, dass schon irgendetwas erreicht wurde.

Mönchengladbach und Dortmund sind aber auch nach dem 28. Spieltag noch in der Findungsphase. Es gibt keine Anzeichen, dass sich dies bis zum Ende der Saison ändern wird. Der 2:1-Sieg der Gladbacher offenbarte in erster Linie die ohnehin schon seit geraumer Zeit aufgestellte These, dass in der Fußball-Bundesliga 2005/06 höchst durchschnittliche Qualität reichen würde, um sich für den UEFA-Cup zu qualifizieren.

Den Gladbachern reichte zum Sieg gegen den BVB eine modifizierte Taktik in ein 4-2-3-1-System, das in der zweiten Halbzeit Züge des Catenaccio trug. Dazu kam eine gute Einstellung, die von den Fans nach dem hochnotpeinlichen 0:3 in der Vorwoche beim 1. FC Kaiserslautern auf einem fast 30 Meter breiten Plakat angemahnt worden war: „Eine Mannschaft ohne Leidenschaft, die großes Leiden schafft.“ Dritte Zutat waren die ersten beiden Treffer des Neuzugangs Nando Rafael (6./34. Minute). Der ehemalige Berliner sagte hinterher: „Es ist doch egal, wer die Tore macht. Ich bin aber froh, dass ich sie gemacht habe.“

Rafael ist ein ausgewiesener Kenner der Super-Schneckenszene, denn er wurde während der Winterpause von Hertha BSC verpflichtet. Schwankende Leistungen sind für ihn Programm. Der in Angola geborene deutsche U21-Nationalspieler wünschte sich zumindest in einem Punkt Konstanz: „Ich hoffe, dass wir immer diese Leidenschaft zeigen.“

Reinhard Rauball schien jegliche Hoffnung verloren zu haben. Der Präsident von Borussia Dortmund war sauer auf seine Kriechtiere: „Mit dieser Qualität im Kader müssten wir weiter oben sein.“ Rauball geißelte die Euphorie, die nach dem bemerkenswerten Zwischenspurt mit dem 4:2-Sieg in Hamburg aufgekommen war: „Wichtig ist, die Ziele nicht außerhalb des Platzes zu formulieren. Es besteht eine Diskrepanz zwischen verbaler Ankündigung und Umsetzung.“

In diese Richtung zielte auch Bert van Marwijk. Der Trainer formulierte es aber diplomatischer: „Wir sind mental noch nicht so weit.“ Der Kopf, so die These des Holländers, halte mit den fußballerischen Fortschritten nicht mit. Gerade in der zweiten Halbzeit hatte seine Mannschaft es nicht verstanden, die spielerische Überlegenheit in Chancen umzusetzen. So blieb es beim Elfmetertor von Tomas Rosicky (16.) und der auch nicht ganz neuen Erkenntnis, dass der Sturm nicht konkurrenzfähig ist.

Die beiden Borussias kriechen nun punktgleich nebeneinander her. Gladbachs Trainer Horst Köppel, dessen Zukunft bei einer Niederlage das Thema des Tages gewesen wäre, träumt erst gar nicht von einer Raketenzündung. Er sagte aber: „Wenn wir aus den beiden schweren Auswärtsspielen (in Hamburg und Leverkusen; d. Red.) drei Punkte holen, sind wir noch in der Verlosung.“ Die Vorstellung, dass der Zufall letztlich über die beste Super-Schnecke entscheidet, ist allemal zulässig.