Lifestyle und Möwen

Heute kommt ein neues Heft über die Stadt Hamburg heraus. Das „Hamburg-Magazin“, das als Supplement überregionalen Zeitungen beiliegt, soll Touristen und potenzielle Einwohner von der Hansestadt überzeugen

Vollmundig war es angekündigt. Genau elf Exemplare lagen zur Vorabpräsentation vor: In Hochglanz und mit Hamburg-Möwe auf dem Cover kommt das neue Vierfarb-„Hamburg-Magazin“ daher, das – in geheim gehaltener Höhe finanziert von der Hamburg Marketing GmbH – heute der Süddeutschen und der Financial Times Deutschland sowie am kommenden Sonntag der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung beiliegen soll.

Auf 32 Seiten versucht darin ein in Hamburg ansässiges Redaktionsteam, vorerst für vier jeweils zum Quartalsende erscheinende Ausgaben engagiert, Hamburg dem Touristen schmackhaft zu machen. Fokus der ersten Ausgabe ist die hiesige Musikszene. Die „creative class“ – gebildet, jung und möglichst wohlsituiert – will man anregen, Hamburg zu beäugen, zu bereisen und möglichst auch alsbald dorthin zu ziehen.

Die Breite des anvisierten Publikums offenbart dabei zugleich das Problem: Vom Opernporträt samt Intendantinnen-Interview bis zur Vorstellung der HipHop-Band Beginner reicht das Themenangebot, vom Porträt zweier talentierter Violinistinnen-Schwestern bis zur Präsentation echter, leider nur sehr knapp gezeigter Nachwuchs-Künstler wie Geka Winkler.

Die Texte kommen dabei teils echt, teils gewollt originell daher: „Große Freiheit“ heißt der Erste von drei Teilen des Heftes, das große und kleine Formate pflegt und gute Ideen mit teils mäßigen Resultaten präsentiert. Das Protokoll eines Klavierbauers bei „Steinway & Sons“ ist da zum Beispiel zu finden, das vor technischen Details strotzt und dem Unterhaltungswert eines Telefonbuchs entspricht. Mit Klischees befrachtet ist das an sich originelle Stück über eine blinde Frau, die den Klang Hamburgs beschreibt: Was soll sie auch anderes sagen, als dass man Norddeutsch spricht und Hamburg nach Wasser und Möwen klingt? Wie sich andererseits um den unentwegten Bernd Begemann herumdrücken, dessen Porträt ebenfalls pflichtschuldigst ins Heft gelangte – ebenso wie die Geschichte des Labels Grand Hotel van Cleef, die bereits zahlreichst porträtiert wurde?

Doch, sie haben den Spagat zwischen Arrivierten und Newcomern, zwischen E- und U-Musik erfolgreich versucht, und man wäre darüber froh, wäre da nicht das verdächtig PR-trächtige Interview mit der armen Rentnerin, die für die geplante Hamburger Elbphilharmonie spendet. Reiner Zufall, dass die Magazin-Rückseite eine entsprechende Anzeige ziert? Ein klein wenig unsozial auch jene Passage, in der die Oper dafür gelobt wird, dass sie den Streik der ver.di-Mitglieder so geräuschlos überbrückt habe; hat eben das Verwaltungspersonal mal die Kulissen gebaut.

Doch von solchen Fauxpas abgesehen ist das Heft ein durchaus lesenswertes Kompendium, dessen Termin-Schlussteil ein bisschen überflüssig, dessen Guide „48 Stunden Hamburg“ aber originell ist. Auf die Frage „Auffe Pommes was drauf?“ solle man souverän mit „Schranke“ antworten, steht da etwa. Alles klar? Aber sicher. Denn ein Hamburg-Magazin soll authentisch sein. Petra Schellen