SCHRÖDER, GAZPROM UND DER ENERGIEBEDARF DER BUNDESREPUBLIK
: Alternative: Sparen

Es wirkt seltsam, zweifellos. Die rot-grüne Bundesregierung gewährte noch schnell eine Kreditbürgschaft für die Ostsee-Gaspipeline, bevor ihre Amtszeit endgültig zu Ende war. Wenig später wurde bekannt, dass Exkanzler Gerhard Schröder zum Aufsichtsratschef genau dieser Gaspipeline gewählt werden sollte. Und nun stellt sich heraus, dass der Haupteigner und russische Staatskonzern Gazprom den Kredit gar nicht beanspruchte. Die Bürgschaft war also überflüssig. Wie das alles miteinander zusammenhängt, möchte der Haushaltsausschuss am Mittwoch klären.

Was immer das Gremium ermitteln mag, längst ist deutlich, dass es Schröders Ansehen bleibend schaden wird, dass er sich als Oberkontrolleur der Gaspipeline wählen ließ. Selbst wenn keine konkreten Verdachtsmomente auftauchen, wird sich die Vermutung halten, dass er Kanzleramt und persönliche Karriere verquickt haben könnte. Dieses Misstrauen trifft nicht nur Schröder, sondern das Ansehen aller Politiker. Schon zu ihrem Selbstschutz sollten die Parteien daher einen Vorschlag von „Lobbycontrol“ übernehmen: Der unabhängige Verein fordert, dass alle hochrangigen Politiker eine zweijährige Karenzzeit einlegen müssen, bevor sie in die Privatwirtschaft wechseln.

Die Aufregung rund um Schröder hat aber nicht nur mit seiner Karriereplanung zu tun. Es äußert sich auch tiefes Unbehagen, vom russischen Gas abhängig zu sein. Letztlich wird wieder die Frage gestellt, ob es richtig war, die Ostseepipeline zu bauen. Die Antwort lautet: Ja, so bitter es ist. Russland besitzt ein Viertel aller weltweit bekannten Erdgasvorräte. Und Gas lässt sich nicht einfach durch Ökostrom ersetzen. Im Gegenteil: Je mehr Windkraftanlagen rotieren, desto mehr Gaskraftwerke wird man benötigen. Denn der Wind bläst bekanntlich ungleichmäßig – um die Schwankungen auszugleichen, müssen sich Reservekraftwerke schnell nach oben fahren lassen. Dafür eignen sich Gasanlagen.

Eine Alternative zum russischen Gas wird allerdings tatsächlich zu wenig genutzt: Energiesparen. Heute trifft sich der Energiegipfel bei Kanzlerin Merkel. Leider steht Energieeffizienz nicht ganz oben auf der Tagesordnung. ULRIKE HERRMANN