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: Bischofs Albtraum: Wenn vom Dom der Muezzin ruft

Es gibt keinen Gott. Davon scheint mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung überzeugt zu sein. In einer im März veröffentlichten Umfrage beantworteten gerade 47 Prozent die demoskopische Gretchenfrage mit Ja. Nur 28 Prozent glauben, dass im Jenseits ein Himmel wartet, Hölle und Teufel sind für 21 Prozent real. Dafür geben 16 Prozent der Befragten an, dass Gott, wie es in der Bibel steht, die Welt in sechs Tagen schuf. Und 14 Prozent fürchten sich vor Hexen.

Die Umfrage bringt einen ins Grübeln, denn 85 Prozent bekannten sich in der jüngsten Volkszählung zu einer monotheistischen Religion – in einem Lande, von dem die Gegenreformation ausging, natürlich vorwiegend zum Katholizismus. Allerdings ist der Trend zum Rückzug aus den christlichen Religionen unübersehbar.

Der katholischen Kirche ging es mal besser. So feiert man den Austritt von 40.000 Getauften im Vorjahr als Erfolg. Es war zwar die dritthöchste Zahl seit 1945, aber gegenüber 2004 ein Rückgang um 15 Prozent. Das liegt nach Umfragen unter Apostaten in erster Linie an der Kirchensteuer, die viele sparen wollen. Zugleich fühlen sich die meisten nicht mehr in einer Glaubensgemeinschaft aufgehoben, deren Dogmen meilenweit von der Lebensrealität entfernt sind.

Das führt dazu, dass der Islam an Boden gewinnt. In Wien ist er vor dem Protestantismus bereits die zweite Konfession. Wenn die Entwicklung anhält, könnte in zwei Generationen der Albtraum von Salzburgs Weihbischof Andreas Laun wahr werden. Er hört schon, wie vom gotischen Südturm des Wahrzeichens von Wien der Muezzin seinen Ruf erschallen lässt. „Der Stephansdom könnte eine Moschee werden. Das geht schneller, als man glaubt. In Konstantinopel hat sich niemand träumen lassen, dass die Hagia Sophia eine Moschee werden könnte“, verkündete er in Profil. Seine Angstvision: „Wenn Europa die eigene Bevölkerung ausrottet, wird es zu einem großen Altersheim. Es entsteht ein Vakuum, in das andere Völker einströmen.“ Wenn diese eines Tages die Mehrheit stellen, „werden sie folgerichtig und demokratisch sagen: Wir sind mehr als ihr. Also bestimmen wir.“

Das Urübel für den dräuenden Untergang des Abendlands sieht Laun in Abtreibungen: „Wir müssen das Tabu brechen und fragen, warum die Quellen des Lebens nicht mehr fließen und was wir ändern müssen. Würden die Frauen ihre Kinder alle austragen, hätten wir kein Bevölkerungsproblem“, schloss der Kirchenmann, noch bevor Frank Schirrmacher die Familie als Retterin des Abendlands wiederentdeckte.

Laun, der Homosexualität für eine heilbare Krankheit hält, wurde von der Bischofskonferenz zur Mäßigung aufgefordert. Heute drückt er sich weit vorsichtiger aus, als noch vor einigen Jahren. Da verglich er „Mifegyne“, die „Pille danach“, mit dem Gas Zyklon B, das die Nazis zur Judenvernichtung einsetzten. Das war selbst den Kollegen zu extrem, obwohl seitens des Episkopats immer wieder an die Politik appelliert wird, den seit 1975 straffreien Schwangerschaftsabbruch wieder zu kriminalisieren.

Der 63-jährige Laun, der schon mehrmals übergangen wurde, wenn Diözesanbischofsposten zu vergeben waren, ortet den Antichrist auch in Brüssel: „Die Christen sind übrigens bereits jetzt ein Stück weit Befehlsempfänger jener antiklerikalen Kreise, die in Europa das Sagen haben. Erinnern Sie sich an die Debatte um den Gottesbezug in der Verfassung.“ RALF LEONHARD