Kosovo-Gespräche gehen in die nächste Runde

Ab heute sitzen Serben und Kosovoalbaner in Wien erneut zusammen. Ob eine Annäherung erreicht wird, ist fraglich

SARAJEVO taz ■ Die Delegationen der Serben und Kosovoalbaner werden sich heute zum dritten Mal zu Verhandlungen in Wien treffen. Atmosphärisch hat sich einiges gebessert, in der Sache jedoch ist man bisher noch nicht vorangekommen. Weiterhin fordern die Albaner die Unabhängigkeit der Provinz von Serbien, was die Serben keinesfalls zulassen wollen.

Der Verhandlungsführer der UN, der österreichische Spitzendiplomat Albert Rohan, will heute erst einmal ausloten, über welche Punkte und technischen Details man sich einigen könnte. Die Verhandlungen über die schwierige Frage der Unabhängigkeit könnten jedoch erst in einigen Monaten beginnen, dämpfte Rohan schon in der vergangenen Woche allzu hoch gesteckte Erwartungen.

Bereits bei den ersten Gesprächen Anfang des vergangenen Monats ging es um die Fragen der Erziehung, Kulturhoheit und Finanzierung der serbischen Gemeinden im Kosovo. Noch etwa 100.000 Serben leben in der ehemals serbischen, seit 1999 von der UN verwalteten Provinz. Die serbische Seite drängt darauf, den von Serben bewohnten Enklaven im Kosovo eine weit gehende Autonomie zu gewähren. Viele Politiker in Belgrad fordern sogar eine Abspaltung des nördlichen und von Serben bewohnten Teils des Kosovos zwischen der Stadt Mitrovica und der serbischen Grenze und ihren Anschluss an Serbien.

Das kommt nach Meinung der UN nicht in Frage. Es werde nicht über die Grenzen verhandelt. „Wir sind auch gegen jede Aufteilung des Kosovo“, erklärte Albert Rohan. Für die 100.000 Serben werde es weder eigene Verwaltungseinheiten noch spezielle Autonomieregelungen geben.

Die serbischen Gemeinden wurden bisher von Belgrad finanziert. Bisher hatten serbische Staatsangestellte sogar ein doppeltes Gehalt bezogen: eines von Kosovo und eines von Serbien. Diesen Zustand wollen die Albaner nicht mehr dulden. Die Finanzierung der Gemeinden könne nur über die Kosovoregierung laufen, heißt es in Priština. Gelder könnten bei konkreten Projekten fließen, nicht jedoch als allgemeine Regel, erklärte einer der albanischen Verhandlungsführer, der Universitätsprofessor Enver Hoxhaj gegenüber der taz. Die Albaner wollten keinen Staat im Staate, seien jedoch bereit, den Serben alle Möglichkeiten zu geben, ihre Kultur auch in einem künftigen unabhängigen Staat zu leben. Dies setze voraus, dass die serbische Bevölkerung ihrerseits bereit sei, die Institutionen des Staates Kosovo anzuerkennen. Und das heiße eben im Parlament und in der Verwaltung mitzuarbeiten wie die anderen Minderheiten auch.

Rohan wies zugleich Drohungen der serbischen Minderheit zurück, den Kosovo im Fall einer Unabhängigkeit zu verlassen. „Als sie mir gesagt haben, sie könnten in keinem unabhängigen Kosovo leben, habe ich ihnen gesagt: Das ist Ihre Entscheidung. Wir können Sie nicht zwingen, zu bleiben.“ Der UN-Vermittler forderte die Regierungen in Priština und Belgrad zu mehr Realismus bei den Gesprächen auf. Beide Seiten müssten stärkere Kompromissbereitschaft zeigen. ERICH RATHFELDER