Die Wahlalternative kennt nur Gewinner

78 Prozent der WASG-Mitglieder sprechen sich in einer bundesweiten Urabstimmung für einen Zusammenschluss mit der Linkspartei.PDS aus. Durch das Ergebnis sehen sich beide bestätigt: der Bundesvorstand und die rebellischen Landesverbände

AUS BERLINASTRID GEISLER

Es ist ein Ergebnis nach dem Geschmack der Parteispitze: Mit einer Mehrheit von gut 78 Prozent haben sich die Mitglieder der WASG in einer bundesweiten Urabstimmung für einen Zusammenschluss mit der Linkspartei.PDS ausgesprochen. Dagegen stimmten rund 19 Prozent.

Eine Überraschung ist das nicht. Der Bundesvorstand der Wahlalternative hatte mit breiter Zustimmung für die von ihm vorangetriebenen Verschmelzung der zwei Parteien links von der SPD gerechnet. Er sieht sich durch das Resultat in seinem Kurs bestätigt und gestärkt – vor allem in der seit Monaten anhaltenden Auseinandersetzung mit den PDS-feindlichen Landesverbänden in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. In Berlin wie auch in Mecklenburg-Vorpommern will die WASG im Herbst allein zur Landtagswahl antreten, also in Konkurrenz zur PDS.

Die WASG-Spitze begrüßte gestern nach der Auszählung das „positive Ergebnis“. Nun werde der Fusionsprozess wie geplant weitergeführt, kündigte WASG-Vorstandsmitglied Thomas Händel an. Auch PDS-Chef Lothar Bisky gab sich erfreut: „Wir sind auf einem guten Weg. Die Zuversicht ist mit dem Abstimmungsergebnis kräftig gestärkt worden.“ Schon in den nächsten Tagen wollten die Fusionsstrategen beider Parteien gemeinsam über die nächsten Schritte beraten.

Sollte die WASG-Spitze insgeheim gehofft haben, das Ergebnis der Urabstimmung könne die rebellischen Landesverbände ruhig stellen oder zumindest kleinlauter machen, dann wurde sie allerdings noch gestern enttäuscht. „Wir sehen uns in unserem Kurs bestätigt“, versicherte der Sprecher der Berliner WASG, Gerhard Seyfahrt, der taz. Angesichts der geringen Wahlbeteiligung könne von einem Sieg der Befürworter einer „Turbofusion“ nicht die Rede sein. Schließlich hätten von den bundesweit insgesamt knapp 12.000 Parteimitgliedern gerade einmal 5.281 mit Ja gestimmt – also weniger als die Hälfte. „Ein solches Ergebnis kann doch niemanden befriedigen“, sagte Seyfahrt.

Der WASG-Bundesvorstand äußerte sich gestern trotz allem zuversichtlich, dass die Berliner Parteirebellen nun von ihrem Alleinantritt bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst absehen. Doch davon will die Hauptstadt-WASG nichts wissen: „Das Ergebnis ist für uns eine Ermunterung, getrennt bei den Abgeordnetenhauswahlen anzutreten“, verkündete Parteisprecher Seyfarth. Und der rebellische Mini-Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern kündigte an, weiter auf seiner Kandidatur gegen die PDS bei der Landtagswahl hinzuarbeiten. „Es geht nicht an, dass WASG-Mitglieder in Hamburg oder im Saarland drüber entscheiden, wie wir uns bei der Wahl verhalten“, sagte Vorstandssprecher Karsten Dörre.

Das Datum für die nächste Machtprobe innerhalb der WASG steht bereits fest: Am letzten Aprilwochenende findet in Ludwigshafen der Bundesparteitag der Wahlalternative statt. Beide Flügel der Partei erhoffen sich von den Delegierten dort eine Bestätigung ihrer Linie. Der Bundesvorstand will sich ein Votum einholen, das das Ergebnis der Urabstimmung absegnet und den Weg ebnet für die geplante Bildung einer neuen gemeinsamen Partei bis 2007. Die aufmüpfigen Landesverbände haben entgegenstehende Anträge vorbereitet. So hoffen die Berliner auf eine Mehrheit für ein Papier, das die Parteispitze auffordert, Sanktionen gegen ihren Landesverband zu unterlassen. Ein weiterer Antrag soll den Bundesvorstand verpflichten, die Berliner WASG auch bei einer Kandidatur gegen die PDS im Wahlkampf finanziell zu unterstützen.