Die WASG und die Mühen der Ebene
: KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE

Annähernd 80 Prozent der WASG-Mitglieder haben Ja zur Fusion mit der PDS gesagt. Das scheint viel - allerdings hat fast jeder zweite WASGler gar nicht abgestimmt. So klingt dieses Ja ziemlich gedämpft, fast genuschelt. Die Pathos, endlich eine gesamtdeutsche Linke zu schaffen, ist jedenfalls verschwunden. Die WASG ist aus einen sehr nüchternen Grund für die Fusion: Alles andere führt ins politische Abseits.

Die WASG entstand als Protest gegen Hartz IV. Im Kern versammelt sie Gewerkschaftler, die die Nase von der Schröder-SPD voll hatten. Daran dockten sich linke Sektierer verschiedener Couleur an - was die Fusion nicht leichter macht. Zudem pflegen viele WASGler einen ausgesprochen antiautoritären Gestus. Sie haben der SPD doch nicht den Rücken gekehrt, um nun schon wieder von einer Parteizentrale zu hören zu bekommen, wo es lang geht. Kurzum: Für ein heterogenes, buntes Gebilde wie WASG ist dieses „Ja, aber“ zur Fusion keine Überraschung.

Grundsätzlich fragt sich: Ist die Fusion nötig? Die Linken kämpfen, nach dem Erfolg bei den Bundestagswahlen, mit den Mühen der Ebene. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist die WASG kaum über drei Prozent gekommen. Die Bewegung gegen Hartz IV, gleichsam Geburtshelfer der WASG, ist abgetaucht. Das bewahrheitet mal wieder ein Bonmot von Ulrich Beck: Die sozialen Bewegungen kommen und gehen - vor allem gehen sie.

Doch gerade die Flüchtigkeit der Bewegungen spricht für die Fusion und eine Partei, die unabhängig von den flatterhaften Konjunkturen des sozialen Protestes funktioniert. Das kann die Linkspartei schaffen - und auch im Westen ein stabiler Faktor werden. Denn die SPD hat die Fähigkeit verloren, linke Gewerkschafter und Angehörige des öffentlichen Dienstes umfassend zu integrieren. Rot-Grün hat links ein Vakuum hinterlassen - ohne Fusion von PDS und WASG wird es kaum möglich sein, dieses zu füllen.

Die Fusion wird kommen, auch gegen den Widerstand der Linksradikalen. Die Frage ist nicht das Ob - die Frage ist, wie viele WASGler sich aktiv in der Linkspartei engagieren werden. Die Botschaft dieser Wahl lautet: Kein Nein zur Fusion, aber eine Menge skeptischer Zurückhaltung.