lapidar: göran gnaudschun – fotografie

So knapp, nüchtern und zutreffend wie der Titel des Katalogs lautet, den die Ostdeutsche Sparkassenstiftung in ihrer Reihe „Signifikante Signaturen“ herausgegeben hat, so knapp, nüchtern und zutreffend sind auch die Titel der einzelnen Arbeiten, die Göran Gnaudschun in dem schmalen Bildband vorstellt. Lapidar möchte man auch die Aufnahmen des Meisterschülers von Timm Rautert nennen, der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studierte. Doch sie sind viel mehr. Ein gelber Lichtstrahl erhellt und markiert ein Stück Gras in einer Wiese, die als ein einziges nachtschwarzes Quadrat sichtbar wird – oder unsichtbar bleibt? Der Lichtfleck im Gras scheint auch das angedeutete Profil der jungen Frau in der Fotografie daneben zu erhellen. Nimmt man ihre Perspektive ein, verschwindet die Wiese in einem undurchdringlichen Schwarz. Betrachtet man die beiden Aufnahmen „Lichtung V“ und „Lichtung VIII“ als Teil der gleichnamigen achtteiligen Serie, wird die Wiese als schwarzen Quadrat deutlich. Dieser Perspektivwechsel in der Wahrnehmung der Fotografie als Dokument und Spur wie ihrer Wahrnehmung als Tableau, also Konstrukt und Komposition, gibt den Arbeiten des 1971 in Potsdam geborenen Fotografen eine spannende Ambivalenz. Das Dokument bewahrt die poetisch-romantische Aufnahme vor jeder Prätention, und das Tableau sichert das Dokument umgekehrt gegen seine Missdeutung als banale Wiedergabe einer wenig bedeutungsvollen Szenerie. WBG