Was für ein irres Spektakel

GEMÜSESCHLACHT

Wie verrückt muss Berlin sein, auf diese Werbung zu verzichten?

Warum ist Berlin eigentlich so engstirnig? Warum müssen die Organisatoren der legendären Gemüseschlacht an der Oberbaumbrücke jährlich neu bangen, ob diese Veranstaltung stattfinden kann? Das hängt derzeit davon ab, ob sie genug Sponsoren finden für das anschließende Beseitigen der Gemüsereste. Die Veranstaltung ist zwar als Demonstration angemeldet – protestiert wird gegen den zwangsweisen Zusammenschluss zweier Bezirke, die nichts miteinander zu tun haben und durch die Spree getrennt werden –, dennoch müssen die Veranstalter für die Reinigungskosten aufkommen, da die Verschmutzung des Demonstrationsortes deutlich über das Übliche hinausgeht. Das Selbstaufräumen wurde ihnen verboten, sie müssen stattdessen BSR oder Alba beauftragen.

Die Gemüseschlacht ist ein irres Spektakel, bei dem mit Schaumstoff, Wasserpistolen, Mehl, fauligem Obst und Gemüse bewaffnete Horden aus Friedrichshain und Kreuzberg auf der Oberbaumbrücke stundenlang aufeinander losgehen. So etwas gibt es nur in Friedrichshain-Kreuzberg, und so etwas kann es wohl auch nur dort geben. Die Sache sorgt aber weit über Berlin hinaus für Aufmerksamkeit und trägt damit zum einzigartigen Image dieses Bezirks und dieser Stadt bei. Wie verrückt muss Berlin sein, auf diesen unbezahlbaren Werbewert zu verzichten, weil die Reinigung der Brücke 1.900 Euro kostet? Jedes werbetreibende Unternehmen bekäme funkelnde Augen angesichts dieser Kosten-Nutzen-Relation.

In einem Spenden-Endspurt haben die Organisatoren bis zum frühen Freitagabend immerhin bereits 1.834 Euro zusammenbekommen. Damit sieht es doch ganz gut aus, dass es in diesem Jahr klappt. Anders als bei der Loveparade – die ist damals wegen des Streits um die Reinigungskosten abgewandert. Wenn Berlin so weitermacht, ist irgendwann nichts mehr übrig.

SEBASTIAN HEISER