Kanzler Schröder war nicht käuflich

Der Ex-Kanzler siegt vor Gericht gegen FDP-Chef Westerwelle. Der darf nicht behaupten, Schröder habe den „Auftrag“ für die Ostseepipeline erteilt. Dass Schröder dort jetzt Aufsichtsrat ist, hat auch nichts mit der deutschen Bürgschaft für die Röhre zu tun

VON HANNES KOCH

Exbundeskanzler Gerhard Schröders Weste bleibt weiß – juristisch betrachtet. Vor dem Landgericht Hamburg hat Schröder gestern gegen FDP-Chef Guido Westerwelle gewonnen. In einem Interview hatte Westerwelle den Eindruck erweckt, Schröders politischer Einsatz für den Bau einer Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland sei käuflich gewesen.

Im Einvernehmen mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hatte Bundeskanzler Schröder (SPD) den Bau der Erdgasleitung von St. Petersburg nach Greifswald vorangetrieben. Kurz nach seinem Rücktritt als Regierungschef übernahm Schröder dann im Auftrag des russischen Staatskonzerns Gazprom den Aufsichtsratsvorsitz der Pipeline-Firma. Das bringt ihm 250.000 Euro pro Jahr ein.

In diesem Zusammenhang hatte Westerwelle gesagt: „Ich finde es problematisch, dass er als Bundeskanzler einer Firma einen Auftrag gegeben hat und dann (…) in die Dienste ebenjener Firma tritt“. Das Gericht verbot diese Äußerung, weil Schröder keinen „Auftrag“ erteilt habe. Das entmutigte den FDP-Chef gestern nicht, seine Einschätzung in anderem Gewande erneut vorzutragen. Schröder habe das Geschäft „vorbereitet“, so Westerwelle.

Er schaltete sich damit in eine neue Diskussion über Schröders Gazprom-Engagement ein. Ende voriger Woche war bekannt geworden, dass die Bundesregierung am 24. Oktober 2005 eine Bürgschaft in Höhe von 900 Millionen Euro plus Zinsen für den Bau der Pipeline bewilligt hatte. FDP, Linkspartei und Grüne nähren deshalb weiter den rufschädigenden Verdacht, Schröder habe den gut bezahlten Posten auch deshalb erhalten, weil er sich um die Bürgschaft verdient gemacht habe. „Ein deutscher Bundeskanzler muss auch nach Ausscheiden aus dem Amt jeden Verdacht einer Vermengung von Regierungsgeschäft und Privatinteresse vermeiden“, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Er forderte Schröder auf, den Aufsichtsratsvorsitz niederzulegen, sprach sich aber gegen einen Untersuchungsausschuss aus, den die FDP angeregt hatte.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklärte, das Kanzleramt sei an der Entscheidung über die Bürgschaft nicht beteiligt gewesen. Im so genannten interministeriellen Ausschuss (IMA) hätten Fachbeamte von vier Bundesministerien darüber entschieden. Informiert waren Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser. Dieser arbeitet mittlerweile für die Deutsche Bank.

Zusammen mit der öffentlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau hatte die Deutsche Bank die Bürgschaft beantragt, um einen geplanten Kredit an Gazprom abzusichern. Die russische Firma erklärte gestern freilich, dass sie die Finanzierung nicht benötige. Aus einer Vorlage des Finanzministeriums an den Bundestag geht hervor, dass die Bürgschaft an ausreichende Gaslieferungen Russlands an Deutschland geknüpft werden sollte.