Großes Strahlen in Washington

ATOMGIPFEL Nach dem Ende des Staatentreffens zur nuklearen Sicherheit sind alle überzeugt, einer gelungenen Veranstaltung beigewohnt zu haben. Am meisten Gastgeber Obama

Obama hat divergierende Interessen und verfeindete Nachbarn zusammengebracht

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Alle nennen den Gipfel einen Erfolg: vom russischen über den chinesischen bis zum französischen Präsidenten. SpitzenpolitikerInnen aus der ganzen Welt – darunter mehr als 40 Staats- und RegierungschefInnen – waren nach Washington gereist, um über die Verbesserung der nuklearen Sicherheit und die Vorbeugung gegen terroristische Gefahren zu diskutieren. Gemeinsam verabschiedeten sie ein Kommuniqué, einen Arbeitsplan und ein neues Rendezvous für das Jahr 2012 in Südkorea.

Doch die Abschlusspressekonferenz des hochkarätigsten internationalen Politereignisses, das die US-Hauptstadt je erlebt hat, hält ein Mann ganz allein ab. Der US-Präsident spricht dabei von einem „extrem produktiven“ Tag und erklärt, die Welt sei sicherer geworden.

Ausgangspunkt für die Sicherheitsanalyse von Obama ist, dass die Gefahr von „Konfrontationen zwischen Nationen“ heute zwar geringer sei als zur Zeit des Kalten Krieges, doch das Risiko von „nuklearen Attacken“ sei höher als zuvor.

Eineinhalb Tage lang hat der US-Präsident mit seinen Gästen in einem weiträumig abgeschirmten Kongresszentrum der Innenstadt Bedrohungen analysiert. Neben den zwei jeweils zweistündigen Plenarsitzungen und den beiden gemeinsamen Essen hat Obama Dutzende von bilateralen Treffen abgehalten.

„Die Teilnehmer bemühen sich, die nukleare Sicherheit zu stärken und die Bedrohung des nuklearen Terrorismus zu verringern“, heißt es in dem Abschlusstext. Verbindliche Mechanismen und Kontrollen allerdings gibt es dafür nicht. Am Verhandlungstisch in Washington haben alle 47 Staaten zugestimmt. Doch im Konfliktfall dürfte die vereinbarte Transparenz schnell an Grenzen stoßen. Zum Beispiel zwischen den beiden rivalisierenden Atommächten Indien und Pakistan oder auch zwischen Israel, das als einziges der neun Atombombenstaaten ein Geheimnis aus seinem Bombenbesitz macht, und seinen arabischen Nachbarn. In Washington haben zahlreiche kleinere Abkommen die große Verhandlung begleitet. Mehrere Länder – darunter die Ukraine, Mexiko, Kanada – kündigten an, dass sie hochangereichertes Uran an die USA abgeben wollen. Chile hat einen solchen Schritt schon zuvor getan. Begründung: In den USA sei das hochradioaktive Material besser bewacht und könne besser entsorgt werden.

Ebenfalls in Washington unterzeichneten die AußenministerInnen der beiden größten Atommächte USA und Russland ein seit Jahren vorbereitetes Abkommen über 34 Tonnen Plutonium. Das zu gleichen Teilen auf beide Länder verteilte Plutonium – genügend Rohstoff für die Herstellung von 17.000 Atombomben – soll unschädlich gemacht und für die Energieerzeugung genutzt werden.

In Stil und Form war es ein Gipfel der Ära Obama, stringent durchorganisiert. Der US-Präsident hatte jedes Teilnehmerland aufgefordert, eigene Vorschläge mitzubringen. Obama ist es so gelungen, zahlreiche divergierende Interessen und verfeindete NachbarInnen an einen Tisch zu bringen. Ihm gelang es auch, den Eindruck zu erzeugen, der Antiamerikanismus sei einer neuen und gemeinsamen Bedrohungsanalyse gewichen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nach dem Gipfel weiter nach Kalifornien gereist ist, sprach in Washington mit Vorsicht von einer „sehr erfolgreichen ersten Veranstaltung auf einem sicherlich sehr langen Weg“. Eine erste Zwischenbilanz werden die Fachreferenten ziehen. Sie treffen sich im kommenden Dezember.

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