Sparkurs bedroht Aufschwung

Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr kräftig wachsen, sagen Konjunkturforscher in einem neuen Gutachten voraus. Doch wird die Bundesregierung den Aufschwung Anfang 2007 abwürgen – durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer

VON TARIK AHMIA

Das spürbare Wachstum der deutschen Wirtschaft wird so schnell verschwinden, wie es gekommen ist. Das sagen die Konjunkturexperten vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in ihrem gestern vorgestellten Frühjahrsgutachten voraus. Denn das Wirtschaftswachstum würde durch die Finanzpolitik der Bundesregierung abgewürgt. „Ein Aufschwung wäre möglich, wird aber durch die Konsolidierungspolitik verhindert“, sagte IMK-Direktor Gustav Horn gestern in Berlin.

Das Bruttoinlandsprodukt wird in diesem Jahr nach IMK-Berechnungen um 1,7 Prozent wachsen – zu dieser Einschätzung kam im Januar auch schon das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die wirtschaftliche Dynamik war seit sechs Jahren nicht mehr so günstig“, sagte Horn. Aber schon im nächsten Jahr werde das Wirtschaftswachstum auf 1,1 Prozent zurückfallen, fürchtet Horn – falls die Bundesregierung wie angekündigt die Mehrwertsteuer erhöht. „Ohne diesen Einfluss könnte das Wachstum 2007 bei 2 Prozent liegen“, sagte Horn. „Die Finanzpolitik wird einen dauerhaften Aufschwung verhindern.“

Mit dieser Einschätzung steht der IMK-Direktor nicht allein: Auch andere Konjunkturforscher warnen davor, die Mehrwertsteuer ab nächsten Januar von jetzt 16 auf 19 Prozent zu erhöhen. Das DIW prophezeit, dass dadurch „die Konjunktur 2007 in Lethargie zu versinken droht“. Auch die Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) und der Sachverständigenrat der Bundesregierung warnen vor einer Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Die Forscher fürchten, dass die Finanzpolitik der Bundesregierung die deutsche Konsumflaute verstärken könnte. Seit zehn Jahren ist die Binnennachfrage in keinem anderen Industrieland so schwach ist wie in Deutschland. Der Außenhandel bleibt die treibende Kraft. Allein in diesem Jahr werden die Exporte um 8 Prozent wachsen, schätzt das IMK. Denn die Lohnstückkosten sind in Deutschland erneut gesunken. Das führte jedoch auch dazu, dass die Konsumausgaben im vergangenen Jahr weiter zurückgingen. „All das spricht dafür, dass die Wirtschaftspolitik die Binnennachfrage beleben muss, während die internationale Wettbewerbsfähigkeit lediglich zu sichern ist“, sagte Horn.