„Boykotteure fahren besser“

Weil E.on seine Gaspreise belegen muss, gewinnen die Kunden, sagt Verbraucherschützer Aribert Peters

taz: Herr Peters, heute wird die Klage von E.on Westfalen Weser gegen private Gaskunden verhandelt. Haben die Verbraucher eine Chance?

Aribert Peters: Die Beklagten haben sehr gute Chancen. Bisher ist noch kein einziger Verbraucher zur Zahlung des verlangten Gaspreises verurteilt worden. E.on müsste jetzt vor dem Gericht belegen, dass die Preise in der geforderten Höhe auch angemessen sind. Das wird der Versorger wohl nicht können. Dazu muss seine Kalkulation zum ersten Mal komplett offen gelegt werden. Das Gericht müsste dann in einem zweiten Schritt zu der Auffassung kommen, dass die Preise tatsächlich gerechtfertigt sind. Wenn die Unterlagen vorliegen, wird sich sicher ergeben, dass die Preise unangemessen hoch sind.

In Westfalen zahlen nur 5.000 von rund 65.000 Gaskunden ihre Rechnungen aus Protest nicht. Wieso boykottieren nur so wenige die steigenden Preise?

Das ist eine berechtigte Frage. Die Quote der Boykotteure liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen 10 und 30 Prozent. Das sind aber doch immerhin zwei bis drei Millionen Kunden bundesweit, die den Gaspreis nicht bezahlen. Eine ganze Menge, denke ich. Die anderen werden eingeschüchtert oder wissen über ihre Rechte nicht Bescheid. Hier ist es an uns, den Medien und den Verbänden, die Verbraucher über ihre Rechte aufzuklären. Denn diejenigen, die nicht oder nicht den vollen Preis zahlen, fahren besser. Das ist die Prämie für den Mut und die Standhaftigkeit, die man für so ein Verfahren wie in Dortmund auch braucht.

Sind die Gaspreisboykotteure in Nordrhein-Westfalen weniger aktiv als in anderen Bundesländern?

Die Verbraucher in Nordrhein-Westfalen sind relativ rege. Es tut sich einiges. Darüber sind wir froh. Die Leute sind empört über die erhöhten Gaspreise. Vor allem wird ja so getan, als ob der Gaspreis zwangsläufig durch die hohen Importpreise bedingt wäre. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Das kann man auch empirisch zeigen.

Seit 1. April dürfen die Gaskunden ihren örtlichen Versorger verlassen und frei wechseln. Nützt das den Kunden und dem Wettbewerb?

Nein. Es gibt ja keine Anbieter. Deshalb ist es eine Ankündigung, die ins Leere läuft. Die Vorschrift ändert auch nichts an der Monopolstellung von Versorgern wie E.on.

INTERVIEW: GESA SCHÖLGENS