Mit Verhaltensnoten gegen Gewalt

Niemand hat die Absicht, in NRW die Hauptschulen abzuschaffen: Die Regierungskoalition will sie durch mehr Ganztag stärken. Die Opposition spricht sich für ein nicht konkretisiertes „Zusammenwachsen der Schulformen“ aus

DÜSSELDORF taz ■ Mit Verhaltensnoten will die schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen die Gewalt an Hauptschulen bekämpfen. „Schule muss in die Lage versetzt werden, auf negatives Benehmen zu reagieren“, sagte CDU-Abgeordneter Bernhard Recker gestern in einer Landtagsdebatte zur Zukunft der Hauptschule. Die so genannten Kopfnoten sind Teil des neuen Schulgesetzes, das Schulministerin Barbara Sommer (CDU) gestern dem Landtag eingebracht hat.

Populistischen Forderungen aus anderen Unions-geführten Bundesländern wie etwa der Abschiebung von gewalttätigen Hauptschülern schließt sich die nordrhein-westfälische Regierung nicht an: „Diese Forderung ist genauso abstrus wie die nach einer Abschaffung der Hauptschule“, sagte Integrationsminister Armin Laschet (CDU).

Stattdessen will die Regierung die Hauptschulen stärken: Bis 2012 sollen dort 50.000 Ganztagsplätze entstehen. 500 zusätzliche LehrerInnen sollen zusätzlich in sozialen Brennpunkten eingesetzt werden. Außerdem will die Schulministerin 250 befristete Sozialarbeiterstellen in unbefristete umwandeln.

Doch Sommers Rezepte sind keine Reaktion auf die Ereignisse an der Berliner Rütli-Schule, sie wurden schon vor Monaten beschlossen. Weitergehende Initiativen schließt die Schulministerin nicht aus. „Wir wollen uns nach den Osterferien mit Hauptsschulrektoren treffen“, so ihr Sprecher Andrej Priboschek zur taz.

Die Opposition glaubt nicht, dass ein paar Lehrkräfte und Sozialpädagogen die Probleme an Hauptschulen lösen werden. „Trotz aller Bemühungen bleibt die Hauptschule eine Bildungssackgasse“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann. Ihre Partei plädiert für ein Zusammenwachsen der Schulformen. Für die Abschaffung der Hauptschulen will sich Löhrmann aber nicht offiziell aussprechen.

Für den SPD-Abgeordneten Thomas Trampe-Brinkmann ist die mangelnde Berufsperspektive von HauptschülerInnen der Auslöser für Frustration und Gewalt: „Die Landesregierung tut nichts zur Verbesserung der Ausbildungslage“, kritisiert er.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) appellierte an alle skeptischen LehrerInnen im Land, bei der Umsetzung der Schulreformen mitzumachen. Dazu gehören die Aufhebung von Grundschulbezirken, die Wahl der Schulleiter vor Ort und das Abi in zwölf Jahren. „Wir werden den Lehrern Hilfe für die schwierige Umstellungsphase geben“, versicherte er.

NATALIE WIESMANN