LESERINNENBRIEFE
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Kinder nicht zwingen

■ betr.: „Asmae muss schwimmen gehen“, taz vom 12. 9. 13

Es ist nicht sinnvoll, ein Kind zu etwas zu zwingen, das es nicht tun möchte. Und es ist auch schwer mit unseren demokratischen Grundwerten in Einklang zu bringen. Solange dadurch kein Schaden entsteht, sollte doch jeder Mensch selbst entscheiden können, was für ihn richtig oder falsch ist. Auch unsere Kinder, denn wie sollen sie sonst zu demokratischen und mündigen Bürgern heranreifen, die für sich selbst und für andere Verantwortung übernehmen können?

Mancher mag nun den Einwand bringen, dass diese Kinder von ihren Eltern beeinflusst wären und deshalb zu ihrem „Glück“ gezwungen werden müssten. Dem halte ich entgegen, dass wir alle, auch noch als Erwachsene, tagtäglich in unserem Denken beeinflusst werden. Und zwar aus sehr unterschiedlichen Richtungen, nicht nur von unserem Elternhaus. Doch trotz dieser starken Beeinflussung von außen sollten wir als Menschen auch in der Lage sein, eigene, selbständige Entscheidungen zu treffen. Ein Kind, das von oben herab diktiert bekommt, was es zu tun, zu lassen und zu denken hat – sei es nun von den eigenen Eltern, der Schule oder wie im vorliegenden Fall von der Justiz –, bekommt die in der Gesellschaft vorherrschende Meinung indoktriniert, ohne sich dagegen wehren zu können.

MICHAELA DIEROLF, Wimsheim

Mär von der heilen Welt

■ betr.: „Steinbrücks Klartext“, taz vom 14. 9. 13

Etwas mehr „Klartext“ wäre schon nötig, um die „erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“ in das ihr gebührende Licht zu rücken. Denn nur durch Manipulationen, zum Beispiel am Armutsbericht, und Nichtbefassen mit den Ergebnissen der Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ (siehe taz vom 23. 8.) kann die Mär von der heilen Welt in deutschen Landen aufrechterhalten werden. Dabei lassen die Erkenntnisse der Enquetekommission ziemlich klar werden, dass ein „Weiter so“ nicht angezeigt ist, dass „Wachstum nie Ziel von Politik sein kann“.

Aber eine Diskussion „Wie wollen wir leben“ findet in der Regierung nicht statt, zumal nirgends ein Ansatz von Nachhaltigkeit zu finden ist; schlimmer noch: alle guten Ansätze zum Umsetzen, zum Beispiel sinnvoller Beschlüsse in der EU-Kommission, werden durch die Koalitionspartner blockiert (EU-Emissionshandel) oder weichgespült (Gemeinsame Agrarpolitik). Schon allein dadurch, dass Deutschland mittlerweile zum Klimabremser geworden ist, dafür aber die Ausfuhr von Rüstungsgütern in autoritäre Staaten ausgeweitet hat, ist das Ergebnis von einigen Jahren der Merkel-Regierung ziemlich ernüchternd. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Warum bauche ich 150 PS?

■ betr.: „Vom Uterus zum iCar“, taz vom 12. 9. 13

Die chauvinistische Präsentation eines 3 Millionen Euro teuren rollenden Statussymbols ist an Einfalt kaum zu überbieten. Wer sich für solch einen himmelschreienden Quatsch begeistern kann, gehört zurück in den Uterus: Zum Nachreifen!

Leider ist auch die affirmative Produktidentifikation des Artikels mit dem neuen „iCar“ nicht ganz frei von Infantilität. Warum brauche ich 150 PS und einen guten Antritt für einen Stadtwagen? Um die Unfallzahlen hochzutreiben?

Leider erfährt der Leser nichts über Mobilitätskonzepte jenseits des Individualverkehrs. Kommt das Thema auf der IAA vielleicht gar nicht vor? Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass sämtliche deutsche Automobilkonzerne und deren Lobby tatsächlich dermaßen altbacken sind. Oder etwa doch? GERRIT KIEFER, Trier

Mehr Spritsteuer für alle

■ betr.: „Pkw-Maut für alle!“, wahl.taz vom 14. 9. 13

Besser bezüglich Pkw ist: „Mehr Spritsteuer für alle.“ Das belohnt ausgeglichenes und nicht so schnelles Fahren und die Wahl leichter und kleinerer Fahrzeuge. Das trifft alle Raser. Das trifft die Leute, die mit Geländewagen von Panzerformat die Städte verstopfen. Das verlangt keinen zusätzlichen Registrier- und Kontrollaufwand. Das ist schlichtweg bereits die beste Lösung, die Autofahrer für die direkt verursachten und die gesellschaftlichen Kosten des Autoverkehrs zur Kasse zu bitten. Wenn das Geld für die Unterhaltung der Straßen nicht reicht, dann eben die Spritsteuer rauf!

Eine Maut nivelliert die Beiträge nur und erzeugt für die Erhebung völlig überflüssige Kosten. RICHARD GOEDEKE, Braunschweig

Ökonomischer Unfug

■ betr.: „Kein Ende der Abzocke an der Tanke“, taz vom 13. 9. 13

Einen beachtenswerten Gipfel ökonomischen Unfugs besteigt Richard Rother mit seinem „Gedankenexperiment“ zum Stammtischthema Benzinpreise: Selbst wenn alle Verbraucher „plötzlich ein Fünftel weniger tankten, bräuchten die Konzerne dank ihrer Marktmacht nur die Preise um 20 Prozent zu erhöhen, und sie könnten mindestens denselben Profit einstreichen“. Abgesehen davon, dass der Autor hier offenbar Umsatz und Gewinn verwechselt: Warum warten denn die Mineralölkonzerne mit der vom Autor fantasierten Preiserhöhung, bis die Kunden ihren Verbrauch senken, und erhöhen nicht gleich heute? Weil sie glücklich sind mit dem, was sie jetzt schon verdienen? Oder vielleicht weil der Preisbildungsprozess auch auf oligopolisierten Märkten doch etwas komplexer ist, als Ihr Kommentator halluziniert? LEO KAUTER, Frankfurt am Main