Premier macht Urlaub vom Amt

Nach Regierungschef Thaksins Rücktritt muss sich Thailands Politik neu formieren

BANGKOK taz ■ Als ob die Wahlen vom Sonntag nicht schon genügend Fragezeichen hinterlassen hätten: Nachdem Thailands Premier Thaksin Shinawatra am Dienstagabend doch noch offiziell seinen Rücktritt verkündete, ist die politische Verwirrung perfekt. Thaksin, der zuvor betont hatte, bis zur Bildung einer neuen Regierung Interimspremier zu bleiben, entschied sich gestern, die Amtsgeschäfte vorübergehend an seinen Stellvertreter und Justizminister, Chidchai Vanasatidya, zu übergeben.

Der Premier selbst sagte nach einer außerordentlichen Kabinettsitzung, er werde „in Urlaub gehen, in einem Notfall aber zurückkehren“. Seine Partei „Thais lieben Thais“ (TRT) muss folglich noch entscheiden, wer ihn langfristig in einer neuen Regierung ersetzen könnte. Als potenzielle Nachfolger gelten Handelsminister Somkid Jatusripitak oder auch TRT-Mitbegründerin und Agrarministerin Sudarat Keyuraphan.

Die Opposition hatte teils erleichtert, teils skeptisch auf Thaksins Ankündigungen reagiert. Falls er versuchen solle, mit Hilfe von Strohmännern hinter den Kulissen zu agieren, werde sich die Protestbewegung neu formieren, warnte der erklärte Thaksin-Gegner Sondhi Limthongkul. Der Medienmogul, einst ein enger Verbündeter des Premiers, gilt mittlerweile als eine der Schlüsselfiguren innerhalb der Volksallianz für Demokratie. Auch andere Teilnehmer der wochenlangen Massenproteste gegen Thaksin, die sektenähnliche politische Gruppierung Dharma Army, sehen dessen Amtsverzicht mit gemischten Gefühlen: „Wir sind froh darüber, dass er sich dazu entschlossen hat, aber wir wollen überprüfen, ob er es ernst meint. Deswegen werden wir am 7. April nochmals zu einer Kundgebung zusammenkommen“, erklärte eine Sprecherin der Dharma Army gegenüber der taz. Indes kündigte die oppositionelle Demokratische Partei gestern an, auch die für den 23. April angesetzten Nachwahlen zu boykottieren.

Schon an den Neuwahlen vom vergangenen Sonntag hatten sie und zwei weitere Oppositionsparteien nicht teilgenommen. In mindestens 38 Wahlbezirken gab es aufgrund der geringen Wahlbeteiligung und vieler Protestwähler keinen Gewinner. Unbeantwortet bleibt demnach die Frage, wie sich eine neue Regierung überhaupt bilden soll. Es droht ein politisches Vakuum. Denn solange nicht alle 500 Parlamentssitze vergeben sind, ist das Gremium nicht funktionstüchtig. Zudem könnten Flügelkämpfe innerhalb der TRT ausbrechen. In der 1998 von ihm gegründeten Partei soll Thaksin Vorsitzender bleiben. Doch schon jetzt bringen sich verschiedene, teils miteinander rivalisierende Fraktionen ins Gespräch, die den nächsten Premier stellen wollen.

NICOLA GLASS

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