Irre: 865 statt 862

EU beschließt in dramatischen Nachtverhandlungen Haushaltsplanung mit wenig Neuem für 2007–2013

BRÜSSEL taz ■ Nach dreimonatigen Verhandlungen haben sich EU-Ministerrat und EU-Parlament in der Nacht zum Mittwoch auf ein Finanzpaket für die Jahre 2007 bis 2013 geeinigt. Die Staats- und Regierungschefs hatten im Dezember auf ihrem Gipfeltreffen Ausgaben im Umfang von 862 Milliarden Euro beschlossen. Nun sind es 865 Milliarden. Das Parlament lehnte geplante Kürzungen bei Forschung und Bildung als unakzeptabel ab.

Alle Beteiligten seien bis an die Schmerzgrenze gegangen, versicherten gestern strahlend Vertreter von Rat, Kommission und Parlament nach der dramatischen Nachtsitzung zum Mittwoch. In nüchternen Zahlen liest sich der Finanzkompromiss so: Es gibt einen kleinen Nachschlag von netto drei Milliarden Euro auf das Sparbudget der Staats- und Regierungschefs vom Dezember. Ursprünglich hatte die Kommission allerdings 100 Milliarden Euro mehr gefordert, um die neuen Mitgliedstaaten fördern und Impulse für Forschung, Ausbildung, Wachstum und Beschäftigung setzen zu können. Das Parlament hatte im Januar 12 Milliarden mehr verlangt.

Ohne Begleitung liest es sich so: Eine EU mit zwölf neuen Mitgliedern hat für die kommenden sieben Jahre nur 25 Prozent mehr Geld zur Verfügung als die EU ohne zwölf neue Mitglieder im jetzt ablaufenden Planungszeitraum. Ohnehin ist die nun ausgehandelte Summe eine Phantomzahl. Von den für die Jahre 2000 bis 2007 eingeplanten 690 Milliarden wurden nämlich nur 555 Milliarden ausgegeben. Nun stehen 865 Milliarden zur Verfügung, die ebenfalls nur auf dem Papier stehen.

Die grüne Abgeordnete Helga Trüpel kritisierte gegenüber der taz, dass sich an der „strukturkonservativen Verteilung der Mittel“ durch die Nachbesserungen nichts geändert habe. Nach wie vor wandere der Löwenanteil in Landwirtschaftssubventionen und Strukturförderung. Zukunftsträchtige Politikbereiche seien nicht ausgebaut oder gekürzt worden. So gebe es 20 Milliarden weniger als bisher für ländliche Entwicklung.

Immerhin wurde die geplante Kürzung im Bereich Forschung und Fortbildung rückgängig gemacht. Das Parlament handelte hier 2,1 Milliarden Nachschlag heraus. Eine negative Schlagzeile ist damit aus der Welt. Das Erasmus-Programm, das den Studentenaustausch in Europa fördern und die europäische Idee in der nächsten Generation populär machen soll, war zunächst von 170.000 auf 140.000 Stipendiaten pro Jahr gekürzt worden. Nun dürfen pro Jahr 40.000 junge Leute mehr als bisher ein Auslandssemester einlegen.

DANIELA WEINGÄRTNER

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