Länder mögen keine Extrawürste

Tarifgemeinschaft will verhindern, dass Gewerkschaften mit Kliniken separat verhandeln

FRANKFURT taz ■ „Französische Streikwoche“ nennt der Landesbezirk Saar der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di das verschärfte Konzept für die jetzt zehnte Streikwoche am Uniklinikum der Saar in Homburg. Oder wahlweise auch „Brandwache“. Durch Blockaden am Haupteingang werde auch der Notdienst dort „noch weiter eingeschränkt“, sagt Ver.di-Landesleiter Rolf Linsler.

Die Gewerkschaft gibt die Schuld für die Dauer und Rigorosität des Streiks der Regierung von Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Die sei zu keinen separaten Verhandlungen über Gehaltserhöhungen und neue Arbeitszeitregelungen bereit. Tatsächlich hat sich die Tarifgemeinschaft der Länder (TDL) darauf verständigt, keine „Einzelgespräche“ mit den Streikenden in ihren Bundesländern zu führen. Und schon gar nicht zuzulassen, dass die bestreikten Unikliniken selbständig mit den Beschäftigten verhandeln. Noch immer wird ein für alle Länder in der TDL verbindlicher Abschluss angestrebt. Doch inzwischen drohen an den Unikliniken die Fronten endgültig zu verhärten, nicht nur im Saarland, sondern zum Beispiel auch in Nordrhein-Westfalen. Dort sperrt sich die Regierung aus CDU und FDP gegen die von Ver.di vorgeschlagenen direkten Verhandlungen zwischen den vier Unikliniken des Landes und der Gewerkschaft.

Die Leidtragenden sind in jedem Fall die Patienten. Und die Kliniken gleich mit. Bestreikten Unikliniken, so hat etwa der Generalsekretär der Saar-CDU, Stephan Toscani, errechnet, gingen Einnahmen in Höhe von 300.000 bis 500.000 Euro täglich verloren. Toscani warf Ver.di vor, den Arbeitskampf auf dem Rücken der Kranken auszutragen, die Hilfe benötigten. Auch die bundesweit „am härtesten und längsten bestreikte Uniklinik“ in Homburg griff Ver.di an. Die Gewerkschaft und die von ihr „gesteuerten“ Streikenden seien dabei, Arbeitsplätze zu vernichten. Bisher seien der Klinik Verluste von über 10 Millionen Euro entstanden, erklärte der Vorstandschef des Homburger Klinikums, Hans Köhler. Die Regierung habe es in der Hand, den Streik „kurzfristig zum Ende zu führen“, sagte Linsler. Eine indirekte Aufforderung an Regierungschef Müller, aus der Tarifgemeinschaft der Länder auszuscheren.

Hessen hat die TDL schon verlassen. Und weil die CDU-Regierung von Roland Koch seit dem 19. März mit Ver.di und dem Marburger Bund, der Interessenvertretung der Krankenhausärzte, verhandelt, ist der Streik etwa an der Frankfurter Uniklinik ausgesetzt. Doch Substanzielles ist auch bei diesen Gesprächen bislang nicht herausgekommen.

Und wie lange wird noch gestreikt? Bis über Ostern hinaus, sagt Gewerkschafter Linsler, stehe die Streikfront nicht nur in Homburg „ganz bestimmt“. Es sei denn, es würde zum Fest ein „Überraschungs-Ei“ geben. Daran glauben mag er aber nicht.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT