Noch drei Streiks

Nach der Einigung: Im Ausstand befinden sich aber weiterhin die Verwaltungen in mehreren Bundesländern, Ärzte und Metaller

HANNOVER taz ■ Mit dem erzielten Abschluss für die Kommunalbeschäftigten in Baden-Württemberg ist nur einer von vier Arbeitskämpfen in Deutschland beigelegt, mit denen Arbeitnehmer derzeit hierzulande ihre Arbeitsbedingungen oder Einkommen zu verteidigen oder zu verbessern suchen. Bei Kommunen im Südwesten ging es für Ver.di wie zuvor auch bei den niedersächsischen Kommunen allein darum, eine Arbeitszeitverlängerung zumindest halbwegs abzuwehren.

Die Streiks im öffentlichen Dienst gab es gestern aber auch in Verwaltungen von acht weiteren Bundesländern. Insgesamt waren erneut 18.000 Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Bayern, Sachsen und eben auch Baden-Württemberg im Ausstand.

Die Landesbeschäftigten kämpfen ebenfalls für den Erhalt ihrer 38,5-Stunden-Woche, zudem für ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das zahlreiche Länder gekürzt oder wie Niedersachsen ganz gestrichen haben.

Schwerpunkt des Ver.di-Arbeitskampfes in den Ländern sind Kliniken und Ämter. Im letzten Sondierungsgespräch über eine Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen, die nun schon länger als ein Jahr andauern, saßen sich am vergangenen Donnerstag Ver.di-Chef Frank Bsirske, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und dessen Finanzminister und derzeitiger Chef der Tarifgemeinschaft der Länder (TDL) Hartmut Möllring gegenüber. Man vertagte sich ergebnislos auf die Zeit nach Ostern, und Möllring fuhr erst einmal nach Österreich in den Urlaub.

Wulff appellierte nach dem Gespräch öffentlich an den Bund, auf die Meistbegünstigungsklausel des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst zu verzichten. Nach der Klausel können Bund und Kommunen jedes Zugeständnis, das Ver.di den Ländern macht, anschließend für sich beanspruchen. Für einen möglichen Kompromiss zwischen TDL und Ver.di ist Wulffs Appell ein eher entmutigendes Vorzeichen.

Zu einer Arbeitszeitverlängerung bereit ist dagegen der Marburger Bund, der gestern 1.500 Ärzte an Unikliniken und Landeskrankenhäusern in den Ausstand führte. Er will dafür aber gleich 30 Prozent mehr Gehalt durchsetzen.

Allerdings geht es beim Konflikt zwischen Marburger Bund und Ländern darum, auf welcher Basis gerechnet wird. TDL-Chef Möllring rechnet auch für die Ärzte längst mit der 40-Stunden-Woche. Die aber lehnen jede Arbeitszeitverlängerung ohne finanzielle Gegenleistung ab.

Die meisten Arbeitnehmer hatte gestern allerdings mit 52.000 Streikenden die IG Metall in den Ausstand geführt. Die Metaller wollen 5 Prozent mehr, müssen allerdings Arbeitszeitverlängerungen nicht fürchten und lassen daher derzeit in ihren Warnstreiks ordentlich die Muskeln spielen. In den ersten sechs Tagen seit dem Ende der Friedenspflicht haben sich nach Angaben der IG Metall rund 422.000 Arbeitnehmer an den bundesweiten Protestaktionen beteiligt. JÜRGEN VOGES