Unterhaltsrecht für ein modernes Leben
: KOMMENTAR VON COSIMA SCHMITT

Sie waren sich einig, die Justizministerin wie die Lobbyisten der Scheidungsväter. Und nun stimmte auch das Kabinett zu: Kinder haben in Unterhaltsfragen künftig Vorrang, Geschiedene müssen stärker für sich selbst sorgen. Lebenslang Geld vom Ex – das soll bei kurzen Ehen kaum mehr möglich sein.

Die Reform ist überfällig. Sie passt überholte Paragrafen an eine Zeit der Patchworkfamilien und Mehrfachehen an. Sie würdigt, dass die Ansprüche der Kinder wichtiger sind als die einer Exfrau – weil eine Erwachsene sich notfalls einen Job suchen kann. Sie erkennt an, dass kaum jemand es angemessen findet, noch mit achtzig für einen Menschen aufkommen zu müssen, den er schon mit dreißig nicht mehr leiden konnte. Und dass diese Aussicht nicht den Heiratswillen fördert – sondern allenfalls zu seitenlangen Eheverträgen animiert.

Das weiß auch die Union. Sie muss ein Projekt mittragen, das eigentlich ein rot-grünes Anliegen war. Dass einer ihrer Familienpolitiker die Novelle kritisiert, hat eher Symbolgehalt. Inhaltlich ist der Einwand, die Ehe werde zugunsten der bloßen Partnerschaft entwertet, nicht haltbar. Die Hausfrau, die jahrelang Kinder gehütet, Bäder poliert und den Chef des Mannes bekocht hat, damit Er ungestört an der Karriere feilen konnte, wird auch künftig nicht um ihr Recht auf lebenslangen Unterhalt gebracht.

Zu Recht aber will die Reform Akzente verschieben. Die ledige Mutter darf etwas länger zu Hause bleiben, die geschiedene muss früher als bisher zurück in den Job. Wer dies als Entwertung der Ehe kritisiert, verkennt die Absicht: Umgekehrt hat auch ein uneheliches Kind Anrecht auf eine Mutter mit Zeit fürs Spielen und Zuhören. Im Zweifel für das Kindeswohl – das sollte mitten in der Debatte über eine überalternde Nation konsensfähig sein.

Lange mussten Frauen dafür kämpfen, bei einer Scheidung nicht ohne Heim, Geld und Rente dazustehen. Zugleich blieben sie oft mit den Kindern sitzen. Daraufhin war in einigen Fällen des Unterhalts-, aber auch des Sorgerechtes das Pendel weit zugunsten der zuvor Benachteiligten ausgeschlagen. Das Unterhaltsrecht wird nun gerechter. Doch auch das Sorgerecht braucht den prüfenden Blick. SEITE 7