Orte des Aufbruchs

FREIRAUM Die Autonomen Hamburger Frauenhäuser sind ausgelastet und fordern mehr Wohnraum

■ 46, Diplom Sozialpädagogin, arbeitet seit 1994 in einem der fünf „Autonomen Hamburger Frauenhäuser“.

taz: Frau Vollgraf, gibt es in den Frauenhäusern Probleme mit Männern?

Bettina Vollgraf: Natürlich gibt es immer wieder Männer, die hartnäckig genug sind, den Aufenthaltsort ausfindig zu machen.

Aber?

Wir versuchen das seit 36 Jahren zu verhindern, indem die Adressen anonymisiert sind und Treffen nicht im oder vorm Haus stattfinden. Wenn es gar nicht geht, beraten wir die Frauen, Hamburg zu verlassen.

Inwiefern sind Frauenhäuser „Orte des Aufbruchs“?

Insoweit sie keine Dauerwohneinrichtungen sind. Nach der Stabilisierung und Klärung sämtlicher unsicherer Aspekte wollen die Bewohnerinnen in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben zurückkehren. Dazu gehört eben auch die Versorgung mit eigenem Wohnraum.

Und den gibt es in Hamburg nur bedingt.

Ja. Teilweise gehen immer wieder Frauen nach einer Phase erfolgloser Wohnungssuche in die alte, gewaltbelastete Situation zurück, da sie von der Wohnungssuche total frustriert sind und es nicht länger im Frauenhaus aushalten.

Nicht länger „aushalten“? Wie sind denn die Verhältnisse vor Ort?

Mehrbettzimmer, wenig Rückzugsmöglichkeiten und immer wieder Konfrontationen mit erlebter Gewalt anderer oder neuer Bewohnerinnen. Zudem dürfen die Kinder ihre FreundInnen nicht mitbringen. Das alles ist hier Alltag.

Was sollte die Politik also tun?

Wir wünschen uns konkret die Einrichtung eines Wohnungskontingents für Frauenhausbewohnerinnen und ihre Kinder, also konkret einen Pool an Wohnungen, die explizit für die Menschen in den Frauenhäusern freigehalten werden. Dies sollte die Politik zumindest bei den städtischen Partnerinnen Saga und GWG in die Wege leiten.

Um wie viele geht es denn?

Es geht um die Versorgung von 55 bis 60 Personen. Die Frauenhäuser in Hamburg sind fast immer ausgelastet. Daher müssen wir oft Frauen ins Umland vermitteln. Die Bürgerschaft hat einen Landesaktionsplan beschlossen. Schon 2012 sollten Sofortmaßnahmen ergriffen werden. Davon ist bis heute noch nichts zu sehen. Fairerweise muss man aber unsere Behörde, das Referat für Opferschutz, loben. Ohne es hätten wir vielen Frauen keinen eigenen Wohnraum vermitteln können.  CABI

Informations-Kundgebung der Autonomen Hamburger Frauenhäuser: 10.30–13 Uhr, Rathausmarkt