Der böse Wulff und die Gewerkschaften

„Ein hinterhältiger Versuch“: Ver.di und GEW fürchten das Schleifen von Mitbestimmungsrechten in Niedersachsen. Erstmals in Deutschland könnte ein Gesetz das Ende von Personalräten in den Kommunen bedeuten

„Unser Ministerpräsident“, sagt Wolfgang Denia, „lässt sich in seinem Ehrgeiz von niemandem übertreffen.“ Gemeint ist Deutschlands einstmals beliebtester Politiker Christian Wulff. Ein mehr als gespanntes Verhältnis haben Niedersachsens CDU-Ministerpräsident und der ebendortige ver.di-Landeschef nicht erst seit den Streiks im öffentlichen Dienst. Wulff redet von „Deregulierung“, Denia vom Gewerkschaftsfresser Wulff.

Nicht nur, dass ver.di bereits einige Nackenschläge einstecken musste, seit im Landtag in Hannover die selbst ernannte „bürgerliche Mehrheit“ regiert. Was die Landesregierung jetzt plant, nennt Denia einen weiteren Höhepunkt „in der Rubrik ‚Versprochen – gebrochen‘“. Denn nun wolle die Wulff-Truppe ans Eingemachte, an eine der letzten heiligen Kühe der Arbeitnehmervertreter: Das Mitbestimmungsrecht durch Personalräte in den niedersächsischen Kommunen solle geschliffen werden.

Bislang ist in der so genannten „Freistellungsstaffel“ geregelt, wie viele Personalräte ausschließlich für die Belange der Mitarbeiter in den Kommunen zuständig sind: Ab 600 Beschäftigten sind zum Beispiel zwei freigestellte Personalräte vorgesehen, ab 1.000 sind es drei. Diese Arbeitnehmervertreter können bei Entlassungen oder Fragen der Arbeitsorganisation mitreden und notfalls auch mal die Genehmigung von Dienstplänen verweigern.

Als erstes Bundesland will Niedersachsen diese Regelung im Personalvertretungsgesetz der Kommunen ersatzlos streichen. „Dann kann der Landrat oder Bürgermeister selbst entscheiden, wie viele Personalräte es gibt“, sagt Denia. Das werde zur Diskussion führen, „ob es überhaupt noch Freistellungen gibt“. Die Frage der Mitbestimmung erledige sich da vielerorts „auf subtile Weise von alleine“, dräut es dem Gewerkschaftsboss. Die Pläne seien nichts als „ein hinterhältiger Versuch, die Mitbestimmung trockenzulegen“.

Eberhard Brandt, niedersächsicher Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, legt noch einen drauf: Auch das neue Schulgesetz hebele die Mitbestimmung aus. Danach sollen die Personalräte künftig nicht mehr bei der Einstellung von Schulleitern informiert werden. Das findet Brandt nicht nur „richtig skandalös“, dieser Plan öffne sogar „der Parteipolitik bei der Berufung von Schulleitern Tür und Tor“, sagt er.

Wer nachfragt, was denn nun an den Attacken dran ist, erhält fast übereinstimmende Antworten: Bislang handele es sich „nur um einen Plan“, die Bestellung der Rektoren „zeitlich zu straffen“, sagt der Sprecher des Kultusministeriums, Georg Weßling. Die Kriterien zur Einstellung sollten „Eignung, Leistung und Befähigung“ sein – und nichts anderes. Noch sei aber nichts entschieden.

„Das ist nur ein Entwurf der Arbeitsebene“, betont auch Frank Rasche aus dem Innenministerium. Er verstehe „die Aufregung von Herrn Denia nicht so richtig: Die Gewerkschaften können ihre Vorstellungen zum Personalvertretungsgesetz noch in der Anhörung einbringen.“Kai Schöneberg