WASG will WASG vom Zettel streichen

WASG-Bundesvorstand droht Berliner Landesverband: Eigenständige Kandidatur in Berlin werde verhindert

BERLIN taz ■ April, April, der weiß nicht, was er will. Wie dem Wetter geht es derzeit auch der Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit (WASG). Vor drei Wochen hieß es noch, ein eigenständiges Antreten des Berliner Landesverbandes bei den Abgeordnetenhauswahlen im September schade keineswegs der gemeinsamen Bundestagsfraktion von Linkspartei.PDS- und WASG-Mitgliedern. Doch gestern hat der WASG-Bundesvorstand diese Position relativiert.

In der Partei werden die Berliner hinter vorgehaltener Hand schon längst „Spalter“ und „Sektierer“ genannt. Doch jetzt griff sie die Bundesspitze offen an, weil eine eigenständige Kandidatur in Berlin die Fusionspläne der beiden linken Parteien behindert. Ziehe der Berliner Landesvorstand diese Pläne nicht zurück, so werde dies im Notfall der Bundesvorstand tun, sagte Axel Troost vom Bundesvorstand der WASG gestern.

Zuvor hatten sich die Bundesspitzen von WASG und PDS auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das als Grundlage für ein gemeinsames Antreten dienen soll. So sollen etwa die Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften und Berliner Sparkasse verhindert werden, zudem soll es keine Zwangsumzüge von Hartz-IV-Empfängern geben. Die Berliner WASG wirft der rot-roten Regierung der Hauptstadt neoliberales Handeln vor. Oskar Lafontaine, Chef der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte diese Haltung gestern. „Die Schlacht um den Neoliberalismus wird nicht in den Ländern und Gemeinden geschlagen, sondern im Bundestag.“ Wenn Kita-Gebühren sozial gestaffelt werden, sei hier durchaus eine linke Handschrift zu erkennen. Das neue Positionspapier sei eine Grundlage für einen gemeinsamen Wahlkampf in Berlin, sagte Lafontaine.

Axel Troost erklärte, ein getrenntes Antreten sei mit dem gemeinsamen Papier nicht mehr notwendig, „weil es keine inhaltlichen Differenzen mehr gibt“. Es gebe nun „eine ganz neue Situation“, über die diskutiert werden müsse. Der Berliner Landesverband soll beim Landesparteitag am 22. April den Verzicht auf den eigenständigen Wahlantritt beschließen. Geschehe dies nicht, werde dies der Bundesvorstand am darauf folgenden Tage tun. Dazu sei er satzungsgemäß befugt. Diesen Schritt müsse aber noch der WASG-Bundesparteitag Ende April bestätigen.

Der Berliner WASG-Landesvorstand kritisierte dies gestern als „undemokratisch und autoritär“. Das neue Positionspapier werde aber geprüft, signalisierten die Berliner ein gewisses Entgegenkommen. Die Tatsache, dass Bewegung in die Linkspartei.PDS komme, sei auf die „prinzipienfeste Haltung der Berliner WASG in den letzten Monaten“ zurückzuführen. Eine gemeinsame Kandidatur sei aber nur möglich, „wenn es einen nachprüfbaren substanziellen Politikwechsel gibt“. RICHARD ROTHER

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