Therapie und Nebenwirkung

VON SABINE AM ORDE
UND LUKAS WALLRAFF

Reformen im Gesundheitswesen sind so kompliziert, dass sie ohne Fachpolitiker nicht zu machen sind. Das scheint jetzt auch die Spitze der großen Koalition erkannt zu haben. Ursprünglich wollten die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD Eckpunkte für die Reform festlegen. Doch nach zwei Spitzengesprächen wurden gestern 16 Fachpolitiker aus Bund und Ländern beauftragt, erste Vorschläge auszuarbeiten – bis zur nächsten Spitzenrunde am 1. Mai. Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) trifft sich heute zum ersten Mal.

Die Eckpunkte sollen nun bis zur Sommerpause verfasst sein, die Reform selbst soll bis Ende des Jahres stehen. Das ist später als bislang geplant gewesen war.

Festgelegt hat sich die Koalitionsspitze bislang offenbar lediglich auf recht allgemeine Ziele: Das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung, die derzeit insgesamt 250 Milliarden Euro jährlich kostet, müsse auch in Zukunft und auf Dauer erhalten werden. Alle Bürger müssten „entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit“ an der Finanzierung beteiligt werden, sagte Ulla Schmidt gestern. Einig sei man sich auch, dass es einen „Bürokratieabbau“ geben müsse.

Der Knackpunkt aber ist und bleibt, wie die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung künftig organisiert werden soll. Beiden Koalitionspartnern ist zwar klar, dass es ihre ursprünglichen, radikalen Modelle nicht geben wird. Trotzdem könnte die Union noch versuchen, eine so genannte kleine Kopfpauschale von monatlich vielleicht 20 oder 30 Euro durchzusetzen.

Und die SPD will zumindest Elemente der Bürgerversicherung realisieren. Die Arbeitsgruppe werde „verschiedene Modelle durchrechnen“, sagte Wolfgang Zöller (CSU), der für die Union die Gespräche führt.

Gestern setzten beide Seiten noch einmal parteipolitische Akzente. So versicherte die Gesundheitsministerin: „Für uns kommt nicht in Frage, dass die Arbeitgeberbeiträge festgeschrieben werden und die Arbeitnehmer alle weiteren Kosten tragen.“

Zöller wiederum betonte, es sollte künftig mehr „Wahlmöglichkeiten für Patienten“ geben. Das klingt gut. Faktisch jedoch bedeutet es, dass die Kasse künftig nur noch Basisleistungen bezahlt. Wer mehr haben möchte, muss eine Zusatzversicherungen abschließen – wenn er sich das überhaupt leisten kann.