CDU schasst SPD

AUS FRANKFURT HEIDE PLATEN

Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) sah gestern Nachmittag die ganze Welt nach Frankfurt blicken, als sie verkündete, dass dort demnächst eine schwarz-grüne Koalition regieren werde. Knapp zwei Wochen nach der Kommunalwahl entschied sich die Union, anders als erwartet, für ein Bündnis mit den Grünen statt mit der zahlenmäßig stärkeren SPD-Fraktion im Rathaus Römer. Dies, so Roth, werde auch weit über die Stadtgrenzen hinaus Aufsehen erregen. Sie lobte die Zukunftsorientiertheit der Grünen, die sich während der beiden Sondierungsgespräche als vertrauenswürdig und zuverlässig erwiesen hätten.

Während der einstündigen Pressekonferenz rügte sie, ebenso wie der CDU-Kreisvorsitzende Udo Corts, ausgiebig die Sozialdemokraten. Diese hatten ein Zusammengehen mit der Union im Wahlkampf kategorisch ausgeschlossen, die Parteispitze den Gang in die Opposition hinterher aber schnellstens aufgegeben und sich durch diesen Streit den Unmut ihrer Basis eingehandelt. Die SPD sei ein „Unsicherheitsfaktor“, der stabile Verhältnisse am Main nicht garantieren könne. Außerdem habe sich die SPD „nicht bewegt“, gegen die Absprachen Interviews gegeben und einseitig unerfüllbare Forderungen gestellt.

Die Grünen dagegen seien „ernsthaft und sachlich“ um Verständigung bemüht gewesen. Mit ihnen habe man auch über die strittigsten Punkte, Flughafenausbau, Sicherheitspolitik und eine Senkung der Gewerbesteuer, reden können. Zudem hätten sie sich perspektivische Gedanken über die Möglichkeiten einer vernüftigen, auch ökologischen Verwendung von Steuergeld gemacht und seien „Neuem gegenüber aufgeschlossen“ und „für die Zukunft flexibler“. Zum Streitpunkt Flughafenausbau sagte Corts, das Thema dürfe in der Stadtpolitik „nicht ausgeklammert“ werden. Aber er sei sich darüber klar, dass er „die grüne Partei nicht ändern“ könne. In Mitverantwortung dürfe er jedoch von ihr erwarten, dass sie die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Frankfurt „nicht behindern“ werde. Im Übrigen habe die SPD auch nur stur auf der von der CDU abgelehnten Ausbauvariante einer Südlandebahn bestanden.

Im Sitzungssaal der Grünen waren die Blumenvasen gestern Nachmittag gefüllt, es wehte Hyazinthenduft. Vor der eilig einberufenen Pressekonferenz sagte Kreisvorsitzender Olaf Cunitz, er sei froh über die Entscheidung. Auch er hatte noch kurz vorher nicht mit dem Angebot gerechnet: „Das ist sicher auch eine große Verantwortung.“ Zum Flughafenausbau stellte er fest, dass auch die Grünen nichts gegen eine Entwicklung des Airports hätten: „Nur das Wie ist strittig.“ Außerdem seien schwarz-grüne Bündnisse in den Kommunen längst nicht mehr ungewöhnlich.

Koalitionen hatte es auch in anderen Großstädten, unter anderem in Köln und Saarbrücken, gegeben. Ein erster Versuch scheiterte 1999 nach vier Jahren in Mülheim an der Ruhr. Das Kölner Bündnis wurde abgewählt, das in Saarbrücken platzte am Streit über die Haushaltspolitik. Derzeit werden Essen und Kiel schwarz-grün regiert.

Für den Fall des Scheiterns aber hatte der Frankfurter CDU-Chef Corts gestern bereits vorgebaut: „Wir haben die Tür zur SPD nicht zugeschlagen.“ Außerdem werde er die grünen Koalitionspartner bitten, auch die FDP in das Bündnis aufzunehmen, damit die Mehrheit im Stadtparlament von ansonsten nur 3 Stimmen sattelfester sei.

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