Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Zweifelsohne kann man das künstlerisch ambitionierte Musical als den Avantgardefilm des klassischen Hollywood-Studiosystems bezeichnen: eine Fantasiewelt, in der es Raum gab für einen experimentellen Umgang mit Kamera, Farbe und Bildformaten. Insofern findet Stanley Donens „Funny Face“ (1957) zu Recht seinen Platz in der Magical-History-Tour des Arsenal-Kinos, die in diesem Monat unter dem Motto Farbe im Film steht. Beruhend auf dem Musical „Wedding Day“ des Drehbuchautors Leonard Gershe, erzählt „Funny Face“ die Geschichte der Buchhändlerin Jo Stockton (Audrey Hepburn), die von dem Modefotografen Dick Avery (Fred Astaire) zu einem Shooting mit nach Paris genommen wird. Der Film definiert die verschiedenen Lebenswelten seiner Charaktere dabei über Farben und Licht: Leuchtend helle, klare Farben charakterisieren die Modewelt („Think Pink!“), während Jos Sphäre (sie schwärmt für französische Philosophie) entsprechend düster und farblos erscheint. Die sich ankündigenden Umwälzungen in Jos Leben zeigt der plötzliche Einbruch von Farbe in ihr Dasein in Form eines bei Modeaufnahmen liegen gelassenen Huts an, dessen Farben in dem dunklen Buchladen zu leuchten scheinen. Um endgültig zusammenzukommen, werden Jo und Avery jedoch die Opposition der Farben aufgeben müssen: Zum Happyend finden sie sich im Park bei einer weißen Kapelle wieder, Jo im weißen Brautkleid, dem traditionellen Abschluss einer Modekollektion, Avery im strahlend weißen Regenmantel. In einem diffusen Licht lösen sich die Farben schließlich einfach auf – und die Harmonie ist perfekt. ((OF) 23. 9. Arsenal 1)

Was „Funny Face“ für die Farbe, ist Fritz Langs Klassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ für den Ton: Für seinen Krimi über die Jagd nach einem psychopathischen Kindermörder (Peter Lorre) entwickelte Lang im damals noch neuen Medium des Tonfilms den Ton als ein eigenständiges und gleichberechtigtes dramaturgisches Element neben der Montage der Bilder – etwa wenn er die stetig wachsende Erregung des Mörders durch dessen Pfeifen von Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ verdeutlicht. (24. 9. Bundesplatz-Kino)

Musik ohne symbolische Bedeutung macht der heute 87-jährige B. B. King: Diesen letzten noch aktiven Bluesmusiker jener Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Grundstein für den urbanen elektrifizierten Blues – und damit auch für die moderne Rockmusik – legte, porträtiert die solide britische Dokumentation „BB King – The Life of Riley“ von Regisseur Jon Brewer, die der legendäre Gitarrist locker mit seinem trockenen Humor – und natürlich seiner Musik – trägt. (22. 9. Adria)